Es ist eng in dem Lokal der König-Pilsener Brauerei in Duisburg-Beeck. Überall sind Journalisten, die sich mit ihren Kameras, Mikrofonen und Stativen gegenseitig den Weg versperren. Sie warten auf die Wahlberechtigten, die sich ein alkoholfreies Freibier abholen kommen sollen.
Es stellt sich jedoch heraus, dass die Aktion mehr Reporter als Wähler anzieht, obwohl dies nicht als Pressetermin geplant war, sagt Peter Hilbrands von der Stadt Duisburg. Am Freitagnachmittag gibt die Stadt bedauernd bekannt, dass nur eine handvoll Bürger das Angebot angenommen haben.
Ist das Glas nun halbleer oder halbvoll?
"Aus meiner Sicht ist das ein voller Erfolg, weil die mediale Berichterstattung und die Diskussion über dieses Thema belegen, dass es sinnvoll ist, solche Aktionen zu starten", sagt Stadtdirektor Martin Murrack. Für ihn ist das Bierglas wohl eher halbvoll und nicht halbleer. Hört man sich im Stadtteil um, sieht die Stimmung dagegen anders aus.
Duisburger Norden - "Versprechen werden nicht gehalten"
Cornelia und Manfred Tenter sind enttäuscht von der Politik im Allgemeinen, sagen sie. Sie sitzen auf einem Steinblock vor dem Pop-up-Wahllokal der großen Brauerei. Schaut man sich auf der Friedrich-Ebert-Straße um, stellt man fest, dass hier kein einziges Wahlplakat hängt.
Der einst florierende Stadtteil wirkt abgehängt, seine Bürger wenig hoffnungsfroh. Er werde zwar per Briefwahl teilnehmen, lässt aber anklingen, dass er sein Kreuzchen nicht bei einer etablierten Partei der Mitte machen werde. Es sei schwierig mit den vielen Ausländern hier, sagt der Rentner. "Versprechen werden nicht gehalten", meint Manfred Tenter.
Das Problem mit der Zuwanderung
Die Gaststätte "Zum Goten" ist nur wenige Meter von der Freibier Aktion in der König-Pilsener Brauerei entfernt. Aus dieser ehemaligen Eckkneipe, die früher ohne weiteres als Drehort eines Schimanski-Tatortes hätte herhalten können, ist inzwischen ein türkisches Teehaus geworden. Hier sitzen vorrangig Türkeistämmige zusammen - mit und ohne deutschen Pass.
Sie klagen über dreckige Straßen, schlechte Infrastruktur und Ungleichbehandlung. Die Osteuropäer, die sich im Zuge der europäischen Freizügigkeit in Duisburg angesiedelt hätten, würden sich nicht an Gesetze halten und auch nicht dafür bestraft werden, sagen sie.
"Die fahren Autos mit bulgarischen Kennzeichen und bekommen nicht mal ein Knöllchen, weil die Strafe nicht zugestellt werden kann", sagt Engin Kaya. Deshalb wolle er vielleicht die AfD wählen. "Hier muss mal einer richtig aufräumen", sagt Kaya und findet viel Zustimmung in der Runde.
Hoffnung in die Jugend
An der Bushaltestelle sitzen drei Schülerinnen der nahegelegenen Gustav-Stresemann Realschule. Mit 16 Jahren dürfen sie wählen und das tun sie auch, per Briefwahl mit der ganzen Familie, erzählen sie. Sema möchte gern nach ihrem Abschluss eine Ausbildung zur Bankkauffrau machen.
"Wir haben uns mit meinen Eltern gemeinsam die Parteien angeschaut und entschieden, welche unsere Interessen am besten vertritt", sagt die Schülerin. Ihre Freundinnen wollen erst noch Abitur machen und dann mal sehen. Darüber, dass nebenan mit Freibier für die Europawahl geworben wird, schmunzeln die drei jungen Mädchen.
Unsere Quellen:
- WDR-Reporterin vor Ort
- Stadt Duisburg