Kritik an Unterbringung von geflüchteten Minderjährigen in Bochumer Turnhallen

Stand: 26.09.2022, 13:20 Uhr

In Bochum sind zurzeit unbegleitete minderjährige Geflüchtete in Turnhallen untergebracht. Eine Initiative kritisiert die Stadt dafür scharf - die reagiert auf die Vorwürfe.

"Wir als 'Initiativkreis Flüchtlingsarbeit Bochum' sind entsetzt über die Unterbringung und kritisieren das Vorgehen der Stadt Bochum deutlich" - mit diesen Worten leitet die Initiative ihre Kritik an der Stadt Bochum in einem Schreiben ein. Hintergrund ist, dass sich in Bochum aktuell rund 150 unbegleitete minderjährige Geflüchtete aufhalten - deutlich mehr als üblich.

Rund 90 männliche Geflüchtete, die bei der Landeserstaufnahmeeinrichtung LEA in Bochum registriert wurden, hat die Stadt nun in Turnhallen untergebracht. Mädchen und junge Frauen wurden regulär in den Räumlichkeiten der LEA sowie bei einer Einrichtung in Essen einquartiert.

Kritik: "Stadt bricht Grundsätze der Kinderrechtskonvention."

Für den "Initiativkreis Flüchtlingsarbeit" ist dieses Vorgehen nicht akzeptabel: "Die Unterbringung von alleinreisenden Kindern und Jugendlichen in Turnhallen verletzt jegliche dieser Standards, die sich die Stadt Bochum auch selbst gegeben hat."

In Turnhallen gäbe es für die Jugendlichen und Kinder keine Privatsphäre, keine Ruhe, keine ausreichenden Sanitäranlagen, keinen hinreichenden Infektionsschutz und keine angemessene medizinische, psychologische und soziale Versorgung, so die Initiative: "Die Stadt Bochum bricht mit diesem Vorgehen eindeutig Grundsätze der Kinderrechtskonvention."

Möglicherweise Probleme bei Hygiene

Ein WDR-Team hatte sich am Montag (26.09.2022) vor Ort ein Bild von der Situation an den Turnhallen gemacht. Einige der geflüchteten Minderjährigen zeigten dem Team Hautkrankheiten. Inwieweit diese mit der aktuellen Unterbringung zusammenhängen könnten, konnte erst mal nicht geklärt werden.

Aktuell sind besonders viele unbegleitete Kinder und Jugendliche auf der Flucht | Bildquelle: laif/Murat Tueremis/laif

Die Stadt Bochum betont, mit der Lösung selbst unzufrieden zu sein. Es sei eben eine "Notlösung", um Obdachlosigkeit zu vermeiden. Das Problem für die Stadt erklärt sich dadurch, dass in Bochum bei der LEA alle unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten erst mal ankommen und sie dort eine erste Unterkunft kriegen. Im Normalfall werden von dort aus alle Kinder und Jugendlichen rasch auf das Land verteilt.

Dass das jetzt nicht so schnell funktioniert, soll zum einen an dem bereits erwähnten hohen Aufkommen der Geflüchteten liegen. Zum anderen soll es gerade einen hohen Krankenstand in der zuständigen Koordinierungsstelle geben.

Initiative: Stadt hätte vorbereitet sein müssen

Der "Initiativkreis Flüchtlingsarbeit" nimmt der Stadt Bochum nicht ab, dass diese von der plötzlich gestiegenen Zahl an Geflüchteten überrascht gewesen sei. Das sei lange vorher absehbar gewesen. Trotzdem habe man nicht nach geeigneten Unterkünften für die Kinder und Jugendlichen gesucht.

Dem widerspricht die Stadt: Man habe für die Kinder und Jugendlichen ein Hotel anmieten wollen, was jedoch gescheitert sei. Nun appelliert die Stadt Bochum an andere Kommunen, möglichst schnell Unterkünfte für die jungen Menschen bereitzustellen.

Über dieses Thema berichten wir auch in der WDR Lokalzeit Rhein/Ruhr um 19.30 Uhr im WDR-Fernsehen.