Zeitweise sollen nur People of Color rein - Aufregung um Ausstellung in Dortmund

Stand: 02.09.2023, 17:43 Uhr

Teile der Ausstellung "Das ist kolonial" auf der Zeche Zollern in Dortmund sollen samstagvormittags keine Weißen besuchen. Das sorgt für heftige Diskussionen in sozialen Medien.

"Rassismus-Skandal", "das ist Rassismus gegen Deutsche", "Ich dachte erst es ist Fake, welche Anti-Diskriminierungsstelle ist zuständig?" "Wegen Hautfarbe wird diskriminiert" – Posts wie diese finden sich aktuell zuhauf in den sozialen Medien. Die Aufregung ist groß.

Staatsschutz beobachtet Ausstellung in Dortmund 00:38 Min. Verfügbar bis 02.09.2025

Stein des Anstoßes ist dieser Hinweis auf der Homepage zur Ausstellung "Das ist kolonial": "Jeden Samstag von 10 bis 14 Uhr ist die Ausstellungswerkstatt für "Black, Indigenous and People of Color (BIPoC) reserviert".

Auch das Wort "Indigenous" sorgt für Diskussionen im Netz. "Wer sind denn Indigene, also Einheimische? Menschen aus dem Ruhrgebiet?", fragt ein User beim Twitter-Nachfolger X.

Mit diesem Schild weist das Museum auf den "Safer Space" hin | Bildquelle: dpa/Sascha Thelen

Christiane Spänhoff vom Museum Zeche Zollern versteht die Aufregung nicht: "Es geht hier um vier von 48 Stunden Öffnungszeit in der Woche und auch nur einen kleinen Teilbereich des Museums." Es handle sich auch nicht um ein Verbot, sondern um eine Bitte. Grundsätzlich erprobe das Museum neue Methoden, um Zielgruppen wie People of Color in Museen zu locken. Die Beschränkung des Eintritts auf einzelne Gruppen gehört dazu.

"Der Safe Space ist ein Experiment", erklärt Spänhoff. Das Thema Kolonialismus berühre People of Color und Schwarze viel stärker als andere. Das Museum, das dem staatlichen Landschaftsverband Westfalen-Lippe gehört, bittet deshalb die Besucherinnen und Besucher um Rücksicht und Verständnis.

Das ist ein "Safe Space"

Von Philip Strunk

Ein echter Raum, ein virtueller Ort, ein sozialer Treffpunkt. Das alles können "Safe Spaces" sein, Schutzräume also. In der Regel gilt dabei, dass dort nur gleichgesinnte Menschen zusammenkommen, die im Alltag Diskriminierungserfahrungen machen. Im "Safe Space" sollen sie davon frei sein. Sie können sich mit Gleichgesinnten austauschen, empowern oder organisieren.

Ihren Ursprung haben diese Schutzräume in den USA, in der queeren und feministischen Bewegung der 1960er-Jahre. Wie sie heute konkret umgesetzt werden, kann sich sehr unterscheiden. Es können feste Orte für regelmäßige Treffen nur für bestimmte Personengruppen sein oder auch speziell ausgewiesene Bereiche, beispielsweise nur für Frauen auf Festivals.

Als "Safe Space" können sich aber auch ganze Veranstaltungen verstehen. Partys explizit nur für Flinta zum Beispiel. Gemeint sind damit Frauen, Lesben intergeschlechtliche, nicht binäre, trans und agenda Personen. Ein anderes Beispiel ist eine Organisation in Berlin, die Ferienfreizeiten als "Safe Space" für schwarze Kinder anbietet.

"Safe Spaces" werden in Medien und Forschung in ihren unterschiedlichen Umsetzungen auch immer wieder kritisch diskutiert. Auch der Begriff selbst. So wird mittlerweile häufig auch von "Safer Space" gesprochen, um zu zeigen, dass ein völlig sicherer Raum nur schwer erreichbar ist.

Blick in die Ausstellung | Bildquelle: dpa/Alex Talash

Monatelang habe es keine nennenswerte Unruhe gegeben, teilte das Museum mit. Jetzt falle auf, dass seit kurzem im Netz auch zu massiver Missbilligung aufgerufen werde. Das Museum sehe sich seit einigen Tagen mit einer Flut von Kommentaren konfrontiert. Man wappne sich aber auch juristisch nach Äußerungen aus dem rechten Spektrum, die teilweise womöglich rassistischen oder persönlichkeitsverletzenden Charakter haben könnten.

Polizisten vor der Zeche Zollern in Dortmund | Bildquelle: dpa/Sascha Thelen

Der Protest beschränkt sich nicht aufs Netz. Am Tor des Museums seien Ausdrucke rechter Parolen befestigt worden. Die Polizei sei involviert. "Der Fall wird beim Staatsschutz bearbeitet", sagte ein Polizeisprecher auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa. Mit dem Museum sei man in engem Austausch. Zum Safer Space an diesem Samstag rechnete das Museum mit Demonstrationen. Die Polizei stellte deswegen Einsatzkräfte ab, die sich am Vormittag vor der Zeche Zollern postierten.

Museum hält an Regelung fest

Trotz des Shitstorms will das Museum an den Regeln festhalten. "Die Kommentare, Hinweise und Mails zur Ausstellungswerkstatt im Allgemeinen und zum Safe Space im Besonderen nehmen wir sehr ernst", versichert Spänhoff. Die Kritik soll bei zukünftigen Ausstellungen berücksichtigt werden.

Die Ausstellung "Das ist kolonial" geht noch bis Mitte Oktober.

Hinweis: In einer früheren Version hatten wir zunächst die Formulierung des Museums zitiert, dass die Ausstellung samstags von 10 bis 14 Uhr für "Black, Indigenous and People of Color" "reserviert" sei. Inzwischen haben wir die Erläuterung von Christiane Spänhoff vom Museum ergänzt, dass diese Formulierung nicht als Verbot, sondern als Bitte zu verstehen sei. Außerdem haben wir ergänzt, dass sich die Proteste erst jetzt, einige Monate nach der Eröffnung der Ausstellung im März 2023, formiert haben und auch Ausdrucke rechter Parolen am Tor des Museums befestigt wurden.