Was braucht es zum Überleben? Rheinbacher üben für den Katastrophenfall

Stand: 25.04.2024, 08:07 Uhr

Die Stadt Rheinbach schult Bürger, sich im Ernstfall einer Naturkatastrophe selbst zu helfen. Die Übungen sind Teil des Resilienzkonzepts und Reaktion auf die Flut im Sommer 2021.

Von Svenja Smolarek

Nein, nach einer Katastrophe sieht es am Mittwochabend in der Turnhalle der Grundschule in Merzbach nicht aus. Wie zu Schulzeiten sitzen etwa 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmer gespannt auf ihren Bänken, während Vertreter der Stadt Rheinbach das heutige Notfallszenario beschreiben. Der Geruch von Matten liegt in der Luft.

Lernen sich im Notfall gemeinsam selbst zu helfen

Die Teilnehmer lernen einen Selbsthilfe-Standort aufzubauen | Bildquelle: Svenja Smolarek

Nur wenige Minuten später ist die Welt in der Turnhalle eine andere. Nach einem Sturmtief versperren umgestürzte Bäume die Zufahrt zum Dorf, in dem 1.200 Menschen leben. Der Strom ist ausgefallen, es regnet. Die Bürger müssen schnell reagieren, einen privaten Krisenstab organisieren.

Auf die Frage, wer sich zutraut, die Leitung zu übernehmen, herrscht Schweigen. Dann meldet sich Dieter Bauerfeind. Als Koordinator der Selbsthilfestelle muss er jetzt handeln. Mit weiteren Helfern baut er einen Infostand auf: eine Bierbank, Papier und Stifte. Andere Teilnehmer kümmern sich um den Aufbau eines Lebensmittellagers oder der Erste-Hilfe-Station.

Dorfbewohner simulieren den Ernstfall

Eine aufgebrachte Frau kommt angelaufen. Sie sucht ihr Kind. Dieter Bauerfeind versucht sie zu beruhigen: "Wir finden ihr Kind." Er nimmt Kontakt mit der Feuerwehr auf. Während sie auf Rückmeldung warten, sucht eine andere Frau Hilfe für ihre über 90-jährige Großmutter. Die sitzt im ersten Stock ihres Hauses fest und hat Schmerzen.

Werner Schneider und Dieter Bauerfeind üben den Ernstfall | Bildquelle: Svenja Smolarek

Der frisch gebackene Koordinator ruft durch die Halle nach dem Ersthelfer-Team und bittet sie nach der Frau zu schauen. Die Männer rücken aus. Wo eben noch rund sechzig Menschen ruhig auf Bänken saßen, herrscht jetzt wildes Treiben. Immer wieder ertönt das Geräusch von Funkgeräten

Zehn Minuten nach Beginn der Übung fühlt es sich schon ein wenig nach echtem Notfall an. "Du kommst ein bisschen unter Druck, wenn plötzlich alle Hilfe wollen", erklärt Werner Schneider, der ebenfalls am Infostand hilft.

Übungen als Teil eines Resilienzkonzepts

Stärke zeigen auch im Chaos. Hier setzt die Stadt Rheinbach mit ihrer sechsteiligen Übungsreihe an. "Die Flutkatastrophe im Juli hat gezeigt, wie wichtig nachbarschaftliche Hilfe ist", erklärt Daniela Hoffmann, Abgeordnete der Stadt Rheinbach.

Grundausrüstung für den Selbsthilfestandort | Bildquelle: Svenja Smolarek

Das will die Stadt unterstützen und hat in den umliegenden Gemeinden so genannte Selbsthilfe-Standorte eingerichtet. In Merzbach ist das die Turnhalle. An jedem Standort befindet sich nun ein Rollwagen mit einer Grundausrüstung. Außerdem gibt es ein Notstromaggregat. Checklisten erklären, was zu tun ist. Jeder soll in der Lage sein, den Selbsthilfe-Standort zu eröffnen.

„Die Menschen haben hier eine Anlaufstelle, wo sie zusammenkommen können, um sich gegenseitig zu unterstützen.“ Dieter Bauerfeind, Koordinator in der Katastrophenübung

"Natürlich ist jede Katastrophe anders", sagt Dieter Bauerfeind. Man könne sich nur bedingt darauf vorbereiten. Aber solch ein Szenario mal durchgespielt zu haben, helfe. Der letzte Fall, um den er sich heute kümmern muss ist eine ausgebüchste Schlange. Danach kehrt er mit den anderen zurück in die Realität der Turnhalle, mit dem Wissen für die nächste Krise noch ein Stückchen besser gerüstet zu sein.

Unsere Quelle:

  • Stadt Rheinbach
  • WDR-Reporterin vor Ort