UN-Plastikabkommen - Worum es geht und was wir tun können

Stand: 25.11.2024, 14:52 Uhr

Die Plastik-Vermüllung nimmt weltweit zu und belastet unser Ökosystem. Was wir tun können, um dieses Problem zu verringern.

Von Bastian Hahne

Im südkoreanischen Busan findet derzeit die letzte Verhandlungsrunde der Vereinten Nationen für das UN-Plastikabkommen statt. Ziel ist es, die globale Plastik-Vermüllung zu stoppen. Global werden laut UN jährlich knapp 400 Millionen Tonnen Plastikmüll produziert, Tendenz steigend. In Deutschland fallen nach Informationen des Bundesumweltamts knapp sechs Millionen Tonnen an Kunststoffabfällen an.

EU-Verbote von Einweg-Plastik

In Deutschland und auf EU-Ebene sind bereits einige Maßnahmen zur Reduzierung von Plastikmüll getroffen worden. So wurden 2021 europaweit beispielweise Plastik-Strohhalme, Wattestäbchen aus Kunststoff, Plastikbesteck, Einwegteller, Styropor-Becher und -Boxen und andere Einweg-Plastik-Produkte bereits verboten.

Mikroplastik in Mensch und Tier nachgewiesen

Besonders deutlich wird die Plastik-Problematik in den Weltmeeren. "Die Belastung ist hoch", sagt die Biologin und Polar-Tiefseeforscherin Melanie Bergmann im WDR-Interview.

"Bei fast allen untersuchten Arten finden wir Plastik." Melanie Bergmann, Tiefseeforscherin

Nicht nur im Meer, sondern auch in Flüssen, im Boden und sogar in der Luft könne man Plastik und insbesondere Mikroplastik nachweisen.

Auch im menschlichen Körper wurde Plastik bereits nachgewiesen. Dieses kann bei Mensch und Tier gesundheitliche Folgen haben. In vielen Organismen sehe man Entzündungsreaktionen, sagt Bergmann. Auch auf die Fortpflanzung und das Wachstumsverhalten kann Plastik im Körper Einfluss haben.

Globale Lösung für globales Problem

Um dieses weltweite Problem zu bekämpfen, müsse in "allererster Linie bei der Plastikproduktion" angesetzt werden, so Bergmann. Aufgrund ihrer Größe helfe es nur wenig, das Plastik aus den Meeren zu fischen. Stattdessen müsse man an die Quellen gehen, wie stark verschmutzte Flüsse oder Landdeponien, damit der Müll gar nicht erst in die Meere gelangen kann. Die UN-Staaten wollen deshalb mit ihrem Abkommen versuchen, das Problem global anzugehen.

"Ich setze mich daher für ein möglichst umfassendes, verpflichtendes, globales UN-Abkommen gegen Plastikmüll ein", sagte Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) am Montag zum Auftakt der Plastik-Konferenz im südkoreanischen Busan. Dafür brauche man konkrete Ziele und eine wirksame Überprüfung.

"Wenn es gelingt, kann dieses Abkommen eine ähnliche historische Bedeutung haben wie das Klimaabkommen von Paris oder das Naturschutzabkommen von Montreal." Steffi Lemke, Bundesumweltministerin (Grüne)

Wie wir Plastikmüll vermeiden können

Bis es ein globales Abkommen und weitere Regelungen gibt, die sich auch auf unseren Alltag auswirken, können aber auch wir unseren Teil dazu beitragen, Plastikmüll zu vermeiden. Das Bundesumweltministerium und die Verbraucherzentrale haben dafür Tipps und Tricks aufgelistet, um Plastikmüll beim Einkauf, unterwegs und zuhause zu vermeiden.

Beim Einkauf:

  • Mehrweg-Getränkeflaschen aus PET oder Glas statt Einweg aus Plastik, zu erkennen am Mehrweg-Logo
  • Wasser aus der Leitung statt aus Einmal-Plastikflaschen trinken, schont auch den Geldbeutel
  • Unverpacktes Obst und Gemüse kaufen
  • Beim Einkaufen mitgebrachte Beutel statt Plastiktüten nutzen
  • Auf Wochenmärkten und Unverpackt-Läden ist der Plastikanteil besonders gering

Sollte kein mitgebrachter Beutel zur Hand sein oder er wurde schlicht vergessen, kann auch bei der Wahl der Einkaufstüten einiges beachtet werden.

Plastiktüten-Alternativen nicht alle umweltfreundlich

Laut Bundesumweltministerium sind neben der klassischen Plastiktüte, von der die besonders dünne Form ohnehin seit 2022 verboten ist, nämlich auch die biobasierte Plastiktüten und die biologisch abbaubare Plastiktüte nicht besonders umweltfreundlich. Die biologisch abbaubare Tüte ist nämlich gar nicht recycelbar und gehört auch nicht auf den Kompost. Die biobasierte Plastiktüte wird aus Zuckerrohr oder Maisstärke hergestellt, die meist aus intensiver Landwirtschaft stammen.

Vergleich von Einkaufstüten - Welche Tüte ist die beste? | Bildquelle: WDR

Papiertüten und Stoffbeutel schneiden da schon besser ab, auch wenn die Herstellung von Papiertüten Holz und Chemikalien verbraucht und Stoffbeutel aus Baumwolle bestehen, deren Anbau ebenfalls die Umwelt belastet. Empfohlen wird aber die Mehrweg-Tüte aus recyceltem Kunststoff, die zudem eine längere Haltbarkeit hat als Einweg-Tüten.

Unterwegs:

  • Für den schnellen Kaffee für unterwegs Mehrwegbecher statt Coffee-to-go-Einwegbecher nutzen
  • Einige Gastronomen bieten Mehrweg-Pfandsystem auch beim Essen zum Mitnehmen an
  • Beim Grillen im Park auf Einweggeschirr, -becher und -grills verzichten und stattdessen wiederverwendbare Varianten nutzen, auch weil es außer Haus kaum Mülltrennung gibt

Zuhause:

  • Auf Duschgel, Zahnpasta, Lippenstiften und sonstiger Kosmetik mit Mikroplastik und flüssige Polymerenverzichten - Produkte ohne diese Stoffe sind entsprechend gekennzeichnet
  • Hygieneprodukte wie Tampons, Binden und Feuchttücher enthalten oft Plastik oder werden darin verpackt, müssen aber in den Restmüll. Es gibt umweltfreundliche Alternativen wie Mestruationstassen, wiederverwendbare Binden, Periodenunterwäsche, waschbare Stoff-Tampons oder mehrfachverwendbare Haushaltstücher
  • Feste Seife wird mit weniger Kunststoff verpackt als Flüssigseife oder Duschgel, das gilt auch für Waschpulverkonzentrat statt Flüssigwaschmittel
  • Waschbare Putz- und Spüllappen sind die bessere Alternative zur Einweg-Papier-Küchenrolle oder Einwegreinigungstüchern, die ebenfalls in Plastik verpackt werden
  • Speisen im Kühlschrank nicht mit Folie, sondern mit einem Teller abdecken

Tipps für die Mülltrennung

Ganz verzichten können wir im Alltag auf Plastik eher nicht. Aber auch der entstandene Müll kann im Idealfall noch recycelt und wiederverwendet werden, wenn er getrennt und entsprechend wegsortiert wird. Verpackungen wie Plastikbecher, Wurst- und Käseverpackungen, Eisverpackungen, Konservendosen, Alufolien, Getränkekartons, Plastiktüten, Kosmetikverpackungen und Styropor gehören in den Gelben Sack.

Die Initiative "Mülltrennung wirkt" hat einige praktische Tipps aufgelistet, die bei der richtigen Entsorgung helfen:

  • Wenn Lebensmittelverpackungen aus mehr als einem Material bestehen, sollten diese vor der Entsorgung getrennt werden, wie beispielsweise der Aluminiumdeckel des Joghurtbechers oder die Banderole aus Pappe oder Folie. Für die Maschinen beim Recycling ist es nur schwer möglich, die Materialien voneinander zu trennen
  • Verpackungen sollten nicht ineinander gestapelt werden. Auch das erschwert die Arbeit der Sortieranlagen
  • Verpackungen müssen nicht ausgespült werden, sollten aber möglichst komplett leer sein, bei einem Joghurtbecher wäre das "löffelrein"

Viele Abfälle werden exportiert

Allerdings landet längst nicht der komplette in Deutschland produzierte Plastikmüll auch in deutschen Entsorgungsbetrieben. Laut Statistischem Bundesamt wurden im Jahr 2023 gut 694.000 Tonnen Kunststoffabfälle ins Ausland exportiert. Das klingt viel, war aber mal wesentlich mehr.

In den letzten zehn Jahren hat sich die Menge der exportierten Kunststoffabfälle fast halbiert. Ein Grund dafür sind die Einfuhrbeschränkungen einiger asiatischer Länder für Plastiküll. Fast ein Fünftel unseres Plastikmülls ging 2023 an die Niederlande, die mit dem Hafen in Rotterdam einen wichtigen Umschlagplatz für Seefracht besitzen. EU-weit ist Deutschland der größte Exporteur von Kunststoffabfällen.

Gesamte Grafik anzeigen

NABU kritisiert Exporte

Der Naturschutzbund NABU kritisiert, dass insbesondere Exporte in Länder wie Malaysia und die Türkei problematisch sind und reguliert werden müssten, weil "die Nachweis- und Kontrollsysteme sowie die Recyclinginfrastruktur in den Zielländern oftmals mangelhaft" seien.

Nur ein Teil der Abfälle werde tatsächlich recycelt, "der Rest unter niedrigen Umweltstandards verbrannt, deponiert oder wild entsorgt", wodurch er letztlich in der Natur, Gewässern und im Meer landen könnte. Zudem leide die lokale Bevölkerung an den Folgen der Luft-, Böden- und Gewässerverschmutzung.

Unsere Quellen:

  • Bundesumweltministerium
  • WDR5-Interview mit Melanie Bergmann
  • Verbraucherzentrale
  • Initiative "Mülltrennung wirkt"
  • Statistisches Bundesamt
  • Naturschutzbund NABU