Die Provinz Hatay kommt nicht zur Ruhe - am Montagabend bebte erneut die Erde. Der staatlichen türkischen Nachrichtenagentur Anadolu zufolge war das Beben auch in Jordanien, Israel und Ägypten zu spüren.
Die türkische Katastrophenschutzbehörde Afad sprach sogar von zwei Beben der Stärke 6,4 und 5,8. Daraufhin habe es mindestens 20 kleinere Nachbeben gegeben, sagte der türkische Vize-Präsident Fuat Oktay am Montagabend. Aus der Türkei und Syrien, wo wie vor zwei Wochen wieder Häuser einstürzten, wurden hunderte Verletzte gemeldet, mindestens acht Menschen starben.
Deutschland verdoppelt Hilfe für Erdbebenregion
Die Bundesregierung stellt zusätzlich 50 Millionen Euro für die Erdbebenopfer zur Verfügung. Das kündigten Außenministerin Baerbock (Grüne) und Bundesinnenministerin Faeser (SPD) an, die am Dienstag in das Katastrophengebiet gereist waren. Insgesamt stellt Deutschland damit seit den verheerenden Erdstößen vom 6. Februar 108 Millionen Euro zur Verfügung.
Baerbock und Faeser sagten den Betroffenen im türkisch-syrischen Grenzgebiet bestmögliche akute Hilfe und anhaltende Unterstützung beim Wiederaufbau zu. "Unser Mitgefühl erschöpft sich nicht in Worten und es wird auch nicht nachlassen, wenn die Katastrophe und ihre Folgen in den Nachrichten von anderen Schlagzeilen verdrängt werden", versprach Baerbock.
Gespräche über vereinfachte Visa-Verfahren
Im wiedereröffneten Visa-Annahmezentrum von Gaziantep und bei einem neuen Visa-Annahmebus informierten sich Baerbock und Faeser über Abläufe und Probleme. Bundestags-Vizepräsidentin Aydan Özoguz (SPD) hatte zuvor dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland" gesagt: "Unsere Behörden, die bei normalen Visa schon sehr lange brauchen, müssen einen Modus finden, hier schneller zu arbeiten".
Visa für Betroffene: bürokratische Hürden
Entgegen der ersten Ankündigung der Bundesregierung sind die bürokratischen Hürden weiterhin hoch. "Für viele Betroffene ist es nicht selbstverständlich, alle Voraussetzungen für die Visa-Vergabe zu erfüllen", sagt Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher der Organisation Pro Asyl, dem WDR.
Denn dazu gehören: Ein Nachweis über Wohnsitz und Krankenversicherung, Personalausweis, biometrisches Foto und die Verpflichtungserklärung eines Verwandten in Deutschland.
Viele ihrer Dokumente und Nachweise haben die Menschen im Erdbeben aber verloren und können sie auch nicht so einfach wiederbeschaffen. Unter anderem das beklagt auch der Bundesvorsitzende des Türkischen Bundes, Gökay Sofuoglu, im Gespräch mit dem WDR.
Mutter im Münsterland will Sohn zu sich holen
Nurten Aksahin aus Ahlen im Münsterland versucht seit einer Woche, ihren 23-jährigen Sohn nach Deutschland zu holen. Er lebe in Adana im türkischen Erdbebegebiet, habe keine deutsche Staatsbürgerschaft und könne nicht nachweisen, dass er in Deutschland drei Monate lang seinen Lebensunterhalt allein bestreiten kann.
Doch den Behörden reichten die von ihr eingereichten Dokumente zum Teil nicht aus, sagt Aksahin. Unter anderem sei ihr Arbeitsvertrag zu kurz gewesen. Und die für eine Bürgschaft genannte Summe von 6.000 Euro könne sie derzeit nicht aufbringen, klagt die Mutter.
Immer noch bebt die Erde im Krisengebiet
Im Krisengebiet ist die akute Gefahr für die Überlebenden noch längst nicht vorbei. Immer wieder kommt es zu Nachbeben. Unzählige Gebäude sind so schwer beschädigt, dass sie jederzeit einstürzen können. Dennoch betreten Menschen immer wieder ihre Häuser auf der Suche nach Kleidung oder persönlichen Gegenständen. Ganz verhindern können die Behörden das vor Ort nicht - auch wenn sich die Menschen in Lebensgefahr bringen.