Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hat am Dienstagabend in einer ZDF-Talkshow Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund unter Generalverdacht gestellt. Merz sprach bei der Diskussion über die Silvester-Vorfälle in Berlin von einem Problem mit "Jugendlichen aus dem arabischen Raum" und nannte diese "kleine Paschas".
Hintergrund sind die gewalttätigen Angriffe junger Männer auf die Einsatzkräfte an Silvester. Allein in der Hauptstadt wurden 145 Menschen vorläufig festgenommen. Der größte Anteil der Männer waren Deutsche, insgesamt aber hatten sie 18 verschiedene Nationalitäten. Vor allem das Ausmaß der Gewalt war erschreckend. Die Ereignisse lösten schließlich eine Debatte über verfehlte Integration in Deutschland aus.
Integrationsbeauftragte der Regierung kontert Merz
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan (SPD), warf der Union allerdings vor, Menschen mit Migrationsgeschichte und ihre Nachkommen zu stigmatisieren.
Der Präsident des Deutschen Lehrerverband, Heinz-Peter Meidinger, stimmt hingegen den Merz-Aussagen grundsätzlich zu. Er sieht, dass besonders weibliche Lehrkräfte nicht ernstgenommen würden. Edgar Bohn, der Vorsitzende des Grundschulverbandes, hält die Aussagen des CDU-Vorsitzenden aber für "sehr überzeichnet und nicht zutreffend".
Rat für Migration sieht rassistisch geführte Debatte
Passend zu Merz' Äußerungen veröffentlichte der Rat für Migration, ein Zusammenschluss aus circa 200 Wissenschaftlern unterschiedlicher Disziplinen, eine Stellungnahme zu den Silvester-Ausschreitungen.
In dieser bemängelt der Verein, dass die Debatte über die Silvester-Ereignisse sich nur noch um einen "bestimmten Tätertyp, dem im rassistischen Duktus die Attribute muslimisch und vermeintlich nicht-deutsch aussehend" drehe. Vielmehr müsse man sachlich über "Sinn und Unsinn von Feuerwerkskörpern in den Händen von Amateuren" und die "zunehmende Gewaltbereitschaft gegen staatliche Institutionen" sprechen.
Der Rat unterstreicht in dem Schreiben, dass "die Vorfälle vor allem in dicht besiedelten Räumen" stattfanden "in denen der Anteil an Transferempfänger:innen und sozial benachteiligten Personen besonders hoch ist". Er attestiere aber auch Teilen der Gesellschaft "keinen besonderen Respekt" mehr vor "dem Dienst an der Gesellschaft" - sprich vor Sicherheits- und Rettungskräften.
Die Experten unterstrichen in ihrer Stellungnahme, dass "Lebenschancen auch innerhalb einer Stadt räumlich ungleich verteilt sind". Es gilt dies im ersten Schritt "anzuerkennen und ernsthaft nach Lösungen zu suchen". Auch damit sich die Ereignisse der Silvesternacht nicht wiederholen.