Wenn Russland tatsächlich bald kein Gas mehr liefern sollte und die Gaspreise in nie dagewesene Höhen schießen, haben nicht nur die Endverbraucher ein Problem. Auch die Stadtwerke, die Gas kaufen und an Einzelkunden weiterverkaufen, würden dann in Existenznot geraten - und würden als Gaslieferanten ausfallen.
Denn viele Stadtwerke verkaufen ihr Gas über langfristige Lieferverträge an Endverbraucher - und sind so noch lange an niedrigere Verkaufspreise gebunden, während sie selber beim Einkauf am Gasmarkt die mittlerweile viel höheren Preise zahlen müssen.
Schon jetzt lägen die Einkaufspreise bis zu sechsfach über den Verkaufspreisen, meldet der Städte- und Gemeindebund NRW am Mittwoch. Zwar seien die meisten Stadtwerke bislang "gesund" gewesen, sagt ein Sprecher, bei der derzeitigen Schieflage aber reichten die Liquditätsreserven nur noch wenige Wochen. "Dann haben wir ein ernstes Problem."
Um einem solchen Szenario vorzubeugen und die Gasversorung hierzulande zu sichern, bereitet das Land NRW nun einen Schutzschirm für Stadtwerke vor. Bei den Stadtwerken einer bestimmten Kommune in NRW sei man bereits "aktiv", sagte Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) am Mittwoch. Welche Kommune das sei, wollte sie aber auf Nachfrage nicht sagen.
Vorbild Corona-Rettungsschirm
Der Schutzschirm solle ähnlich aussehen wie der Rettungsschirm des Landes während der Corona-Pandemie. Zu Beginn der Corona-Krise 2020 hatte NRW einen 25 Milliarden Euro hohen Rettungsschirm für die Wirtschaft aufgespannt. Bis Ende 2021 waren davon gerade mal etwa 13 Milliarden Euro an Hilfen für Menschen, Branchen und Kommunen abgerufen worden.
Der Corona-Schutzschirm des Landes sei in weiten Teilen nicht in Anspruch genommen worden, weil die Befürchtungen nicht eingetreten seien, sagte Scharrenbach. Über die Höhe des geplanten Rettungsschirms für Stadtwerke könne sie noch nichts sagen. Es sei aber besser, "man bereitet sich auf einen worst case vor".
"Stadtwerke genauso stützen wie Uniper"
Der Verband Kommunaler Unternehmen in NRW begrüßt diese Initiative: NRW-Stadtwerke könnten durch die wirtschaftlichen Turbulenzen auf dem Gasmarkt "in ernsthafte wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, wodurch die Versorgungssicherheit in NRW und Deutschland gefährdet wäre", sagt ein Sprecher. Es sei richtig und wichtig, dass neben Unternehmen wie Uniper auch kommunale Versorger gestützt werden sollen.
Der Düsseldorfer Energieriese Uniper hatte bereits einen Hilferuf an die Bundesregierung geschickt: Der größte deutsche Gaskonzern bezog bislang mehr als die Hälfte seiner Erdgasmenge aus Russland. Diese Lieferungen wurden nun um rund 60 Prozent reduziert, weswegen Uniper die fehlenden Mengen am teuren Gasmarkt nachkaufen muss, um die Verträge mit seinen Kunden zu erfüllen. Täglich ergeben sich dadurch angeblich Verluste in niedriger bis mittlerer zweistelliger Millionenhöhe. Die Bundesregierung prüft nun, wie sie Uniper unterstützen kann.
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