Im Grunde hat Sarah Philipp einen echt spannenden Job. Doch die Zahl der Leute, die gerne mit ihr tauschen würden, ist vermutlich übersichtlich. Knapp ein Jahr ist es her, dass Sarah Philipp an die Spitze der SPD in Nordrhein-Westfalen gewählt wurde. Den Vorsitz teilt sich die 41-jährige Landtagsabgeordnete aus Duisburg mit Achim Post, dem Bundestagsabgeordneten aus dem Kreis Minden-Lübbecke.
Wäre die Sozialdemokratische Partei Deutschlands in Nordrhein-Westfalen ein gewinnorientiertes Unternehmen, Philipps Job wäre wohl eine Mischung aus Insolvenzverwalterin und harter Saniererin.
SPD im Dauertief
Bei der Europawahl Anfang Juni erreichte die SPD 17,2 Prozent in NRW, beim letzten NRW-Trend vom April sagten 19 Prozent der Befragten, sie würden, wäre jetzt Landtagswahl, ihre Stimme der SPD geben – die CDU kam auf doppelt so viel Zustimmung: 38 Prozent.
Im Landtag reitet Philipps Fraktionsvorsitzender Jochen Ott als Oppositionsführer bei jeder Gelegenheit heftige Attacken gegen die schwarz-grüne Landesregierung. Doch bislang bleiben alle Bemühungen fruchtlos, die Regierung von "Insta-Präsident Wüst" (O-Ton SPD) zu erschüttern. Philipp und Post spielen auf der landespolitischen Bühne eine nur schwer wahrnehmbare Rolle.
Das sei ein generelles Problem der Landespolitik, sagt Philipp im WDR-Interview. "Den Ministerpräsidenten kennen fast alle", bei den Landesministern werde es schon dünner. Aber sie mache ja keine Politik, um ihre Persönlichkeitswerte zu steigern, fügt Philipp hinzu.
Den Menschen zuhören
Und wie genau will Sarah Philipp die Landes-SPD aus den miesen Umfragewerten führen, die sich nach der Wahlniederlage 2022 noch weiter verschlechtert haben?
"Wir müssen noch klarer machen, was unsere Kernanliegen sind", sagt die Parteivorsitzende. Es gehe nicht darum, welche Themen den Funktionsträgern in der Partei wichtig sind, sondern darum, den Menschen im Land besser zuzuhören, vor allem hart arbeitenden Eltern, die irgendwie ihren Alltag bewältigen müssen. "Chancengleichheit in der Bildung" sei für diese Menschen ebenso ein Thema wie "bezahlbarer Wohnraum" oder "gute Löhne für gute Arbeit" und die Misere bei den Kitas.
Starke Industriepolitik
Es gehe auch um eine starke Wirtschafts- und Industriepolitik, sagt SPD-Frau Philipp, die seit 2012 ihren Wahlkreis im Duisburger Süden hat, wo sie auch aufgewachsen ist. Direkt nebenan liegen die Hüttenwerke Krupp Mannesmann, wo gerade mehrere tausend Arbeitskräfte um ihre Jobs bangen, zusammen mit ihren Kollegen von Thyssenkrupp Steel im Duisburger Norden.
Bund und Land hatten zwei Milliarden Euro an Förderung dafür zugesagt, dass in Duisburg grüner Stahl mithilfe von Wasserstoff produziert wird.
Vor einigen Wochen kündigte Thyssenkrupp trotzdem den Abbau von Arbeitsplätzen an."Das geht so nicht", wettert Philipp. Ein Unternehmen, das so viel Steuergeld bekommen soll, sei auch in der Pflicht. Und die Landesregierung? Die solle sich um einen Posten im Aufsichtsrat bemühen. Wer so viel Geld in ein Unternehmen steckt, müsse auch mitreden können.
Irgendwann, das weiß auch Sarah Philipp, wird es nicht mehr nur um Themen gehen, sondern auch um Personen, die diese Themen im Wahlkampf vertreten und sich mit anderen Personen auseinandersetzen.
Ob Sarah Philipp zu diesen Personen gehören wird, ist offen.
Über das Thema berichten wir am 31.07.24 ist Westblick auf WDR 5.