Die Räumung eines Baumhauses im Hambacher Forst im September 2018 war rechtens. Dies entschied am Freitag das Oberverwaltungsgericht (OVG) für das Land NRW und korrigierte damit eine Entscheidung der Vorinstanz. Die gerichtliche Prüfung erstrecke sich nur auf das vom Kläger genutzte Baumhaus – nicht auf alle Maßnahmen zur Räumung des Hambacher Forsts.
Maßnahme "nicht unverhältnismäßig"
"Räumung und Beseitigung des vom Kläger genutzten Baumhauses waren rechtmäßig. Es ist nicht genehmigt gewesen und hat insbesondere gegen Vorschriften zum Brandschutz und zur Verkehrssicherheit verstoßen. Die Maßnahme war nicht ermessensfehlerhaft", teilte das OVG in Münster mit. Die Maßnahme sei "angesichts des bezweckten Schutzes von Leib und Leben nicht unverhältnismäßig" gewesen.
Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen. Dagegen ist eine Nichtzulassungsbeschwerde möglich. (Aktenzeichen: 7 A 2635/21, 1. Instanz: VG Köln 23 K 7046/18).
Im Herbst 2018 hatten mehrere tausend Beamte aus dem ganzen Bundesgebiet wochenlang versucht, die Baumhäuser in dem umkämpften Waldstück im Rheinischen Braunkohlerevier zu räumen. In zahlreichen Baumhäusern hatten sich Klimaaktivisten in dem Forst zwischen Köln und Aachen verschanzt – sehr zum Unmut des Energiekonzerns RWE, der den Wald roden und die darunter liegende Braunkohle zur Stromerzeugung nutzen wollte.
Vorgeschobene Brandschutzmängel
Das Bauministerium von Ina Scharrenbach (CDU) sorgte damals dafür, dass die Stadt Kerpen den Wald räumen ließ. Formal wurde der große Polizeieinsatz allerdings auf fehlenden Brandschutz in den Baumhäusern gestützt.
Einer der ehemaligen Baumhausbewohner hatte gegen die Anordnungen und den Polizeieinsatz geklagt – und in der ersten Instanz beim Verwaltungsgericht Köln Recht bekommen.
Fragwürdige Begründung
Die Hauptargumentation des Gerichts damals: Die Landesregierung hat ihr Ermessen nicht richtig ausgeübt. Sie habe sich zwar formal auf mangelnden Brandschutz bezogen, die Räumung aber dann vor allem auch mit anderen Motiven begründet.
So sei es bei Gesprächen zwischen dem Bau- und dem Innenministerium von Herbert Reul (CDU) nur zum Teil um den Schutz vor einer Feuerkatastrophe gegangen. Eine mindestens genauso große Rolle habe aber gespielt, dass die Baumhausbewohner teils gewaltbereit seien und man befürchtete, dass weitere Aktivisten in den Wald ziehen könnten.
Stand das Ergebnis der Prüfung schon vor Beginn fest?
Diese Begründung für die Räumung, ein Verwaltungsakt, sei aber eher polizeitaktisch gewesen und habe nichts mit dem Brandschutz zu tun gehabt, so die Verwaltungsrichter in Köln vor zwei Jahren.
Auch habe das Prüfergebnis der Behörden von Beginn an festgestanden: Der Wald sollte geräumt werden. So eine Vorfestlegung des Ministeriums sei aber nicht zulässig und die Räumung daher rechtswidrig gewesen, urteilte die erste Instanz - und fand dabei deutliche Worte. Gegen dieses Urteil waren die Behörden in Berufung gegangen.
Vorerst letzte juristische Aufarbeitung
Politisch gilt es längst als nachgewiesen, dass der Brandschutz ein vorgeschobenes Argument war, mit dem sich unmittelbarer Handlungsdruck erzeugen ließ. Das Verfahren vor dem OVG galt als die entscheidende juristische Aufarbeitung zum Einsatz im Hambacher Forst.
Vor allem Innenminister Herbert Reul (CDU) hatte nach dem Polizeieinsatz im Hambacher Forst 2018 viel Kritik geerntet. Besonders pointiert äußerten sich die Grünen im Landtag. Heute sitzen Grüne und CDU gemeinsam am Kabinettstisch.
Über dieses Thema berichtet der WDR unter anderem im Westblick auf WDR 5 am 16.6.2023.