In der sogenannten Luxus-Schleuser-Affäre kommen weitere Details ans Licht, die darauf hindeuten, dass Behördenmitarbeiter in weitaus größerem Ausmaß verstrickt sind als bisher bekannt.
Mit hohen Summen, so der Verdacht, sollen sich wohlhabende Ausländer über eine Schleuserbande Aufenthaltsgenehmigungen in Deutschland gekauft haben.
Ermittlungskomplex umfasst jetzt 339 Fälle
Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf ermittelt offenbar in 117 bislang unbekannten Fällen wegen mutmaßlich illegal ausgestellter Aufenthaltsgenehmigungen. Ausgefertigt wurden sie von Mitarbeitern der Ausländerämter des Rhein-Erft-Kreises (33 Fälle), der Stadt Kerpen (36 Fälle) sowie der Stadt Solingen (48 Fälle).
Die neu bekannt gewordenen Fälle beziehen sich auf den Zeitraum zwischen 2016 und 2019. Vor etwa einem Monat wurde bekannt, dass allein im Kreis Düren wegen 222 illegal ausgestellter Aufenthaltsgenehmigungen ermittelt wird. Der gesamte Ermittlungskomplex umfasst derzeit also 339 Fälle.
Ermittlungen gehen weiter
Diese Zahlen gehen hervor aus einer Antwort des NRW-Justizministeriums auf eine kleine Anfrage der AfD, die dem WDR exklusiv vorliegt. Grundlage der Informationen ist ein Bericht der leitenden Oberstaatsanwältin in Düsseldorf zum aktuellen Ermittlungsstand.
Es bestehe der Verdacht, dass einzelne Bedienstete der betroffenen Ausländerbehörden Aufenthaltserlaubnisse erteilt haben sollen, obwohl sie wussten, dass die Antragsunterlagen falsche Informationen enthielten. Ob noch weitere Ausländerämter von den mutmaßlichen Betrügereien betroffen sein könnten, sei Gegenstand der laufenden Ermittlungen, heißt es in dem Bericht.
Offenbar Geständnis über Annahme von Bestechungsgeld
Am Freitagmittag war außerdem bekannt geworden, dass einer der Hauptbeschuldigten ein Geständnis abgelegt haben soll. Wie der Kölner Stadtanzeiger (Samstagsausgabe) unter Berufung auf Vernehmungsprotokolle berichtet, soll der SPD-Politiker Jens Bröker aus Düren eingeräumt haben, er habe Schmiergeld in sechsstelliger Höhe erhalten, das von einer Schleuserbande um den Anwalt Claus Brockhaus aus Frechen stammte.
Offizielle Stellen waren für eine Bestätigung des Bericht des Kölner Stadtanzeigers zunächst nicht erreichbar.
Anwalt Brockhaus soll der mutmaßliche Kopf einer Bande sein, die den Ermittlungen zufolge wohlhabenden Menschen aus China und aus dem Oman Aufenthaltsgenehmigungen in Deutschland beschafft hat. Dabei soll Jens Bröker, leitender Mitarbeiter der Kreisverwaltung in Düren, behilflich gewesen sein.
Dem Vernehmungsprotokoll zufolge soll Bröker sich selbst als "Türoffner" bezeichnet haben. Für seine Hilfe soll er nach Informationen des Kölner Stadtanzeigers pro Antragsteller eine Summe zwischen 500 und 1.500 Euro erhalten haben.
Landrat Spelthahn weiter unter Druck
Das angebliche Geständnis von Jens Bröker könnte auch den Landrat des Kreises Düren, Wolfgang Spelthahn (CDU) weiter unter Druck bringen. Spelthahn gilt auch als Beschuldigter in dem Fall. Nur wenige Tage nach Brökers Aussage vor den Ermittlern waren Mitte Juli Spelthahns Dienst- und Privaträume durchsucht worden.
Spelthahn lässt durch seinen Anwalt weiterhin alle Vorwürfe zurückweisen.
Redaktioneller Hinweis:
In einer früheren Version des Beitrags haben wir über eine Passage aus einem Durchsuchungsbeschlusses gegen den Dürener Landrat Wolfgang Spelthahn (CDU) berichtet, die ihn persönlich belasten soll. Der Kölner Stadtanzeiger hatte über diese Aussage zuerst berichtet. Spelthahns Anwalt hat uns mitgeteilt, dass diese Aussage falsch ist. Da uns das Originaldokument nicht vorliegt und wir die Aussage daher nicht überprüfen können, haben wir den betreffenden Satz entfernt.
Über das Thema berichten wir am 02.08.2024 u.a. in der Aktuellen Stunde im WDR Fernsehen.