Wüst kündigt Änderungen bei Migration und Sicherheit an

Stand: 11.09.2024, 12:57 Uhr

Nach dem islamistischen Anschlag in Solingen hat NRW-Ministerpräsident Wüst (CDU) im Landtag ein umfangreiches Maßnahmen-Paket präsentiert. Die oppositionellen SPD und FDP beklagten, nicht vorab informiert worden zu sein. Die Maßnahmen und die Kritik im Einzelnen.

Von Sabine Tenta

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat drei Wochen nach dem islamistischen Anschlag in Solingen den Landtag unterrichtet. Er präsentierte am Mittwoch ein Maßnahmen-Paket zu den Punkten Migration, Sicherheit und Prävention. Wüst sprach von einer doppelten Zäsur in Deutschland durch den Anschlag in Solingen und die Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen. Darum habe sich die schwarz-grüne Landesregierung auf diese Punkte verständigt.

Die Maßnahmen im Einzelnen

Die Migration sei eine globale Herausforderung, Deutschland stehe "wegen seiner Lage und seiner Stärke" im Fokus, sagte Wüst. Die irreguläre Migration stelle ein großes Problem dar, die Belastungsgrenze der Gesellschaft sei an vielen Stellen erreicht. Folgende Maßnahmen kündigte der Ministerpräsident an:

  • Stärkung des Landes-Verfassungsschutzes
  • Erleichterung bei Datenaustausch zwischen den Behörden
  • Ausweitung der Quellen- und Telekommunikationsüberwachung
  • Ausweitung der Zuständigkeit der fünf Zentralen Ausländerbehörden
  • Absenken der Altersgrenze für die Überwachung auf 14 Jahre
  • stärkerer Einsatz von KI, zum Beispiel zum Identifizieren von seltenen Sprachen und Dialekten
  • Schaffung einer Koordinierungsstelle für Radikalisierungsforschung
  • Stärkung des Opferschutzes
  • Ausweitung der Zusammenarbeit mit Bund und Ländern, um den Gebrauch von Alltagsgegenständen zu regulieren
  • Einrichtung von drei weiteren Asylkammern bei den Verwaltungsgerichten
  • Bau einer zweiten Abschiebehaftanstalt
  • Verlust des Schutzstatus für Flüchtlinge, die ohne Notwendigkeit in ihre Heimatländer reisen und Verhängung einer Wiedereinreisesperre
  • Prävention gegen Radikalisierungen soll in Schulen, Flüchtlingsunterkünften und Justizvollzug gestärkt werden

Opposition sieht Missachtung des Parlaments

Jochen Ott Plenardebatte Solingen | Bildquelle: dpa

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Jochen Ott ergriff als Oppositionsführer unmittelbar nach dem Ministerpräsidenten das Wort. Er wolle die Einzelmaßnahmen prüfen - und hätte sich als Abgeordneter gerne vor der Debatte damit auseinandergesetzt, beklagte der Sozialdemokrat. "Das ist eine schwere Missachtung des Parlaments."

Auch der FDP-Fraktionsvorsitzende Henning Höne kritisierte, dass bereits kurz nach Eröffnung des Tagesordnungspunkts die ersten ausführlichen Agenturmeldungen dazu vorlagen und eine Pressemitteilung der Staatskanzlei verschickt wurde - jedoch die Abgeordneten keine Informationen erhielten. Höne ging als vierter Redner der Debatte auch inhaltlich auf das Maßnahmen-Paket ein: Viele Punkte seien bereits länger geplant, andere hingegen längst überfällig. In Summe sieht Höne eine 180-Grad-Wende in der Migrationspolitik der Landesregierung.

Blick auf den Haushalt der Landesregierung

Sowohl Jochen Ott als auch Henning Höne stellten die Maßnahmen in Bezug zum Haushalt, dessen Beratung für die Unterrichtung der Landesregierung verschoben wurde. So kritisierte Ott, dass der Haushaltsentwurf eine Kürzung von über 10 Millionen Euro bei der Integration vorsehe, zudem sei der Rotstift bei den Präventionsprojekten "Kurve kriegen" und "Wegweiser" angesetzt worden. "Für eine Promille-Einsparung im Haushalt riskiert diese Landesregierung eine höhere Jugendkriminalität." Den Vorwurf der Kürzung bei den beiden Projekten wies Innenminister Herbert Reul für die Landesregierung zurück.

Der FDP-Fraktionsvorsitzende begrüßte ausdrücklich die Einrichtung einer zweiten Abschiebeanstalt in NRW. Höne bemängelte aber, dass dafür im Haushalt keine Mittel bereitgestellt würden.

Grüne tragen Maßnahmen mit

Jochen Ott (SPD) äußerte in der Debatte auch "Zweifel, ob der Koalitionspartner diesen Weg mitgeht". Diese Zweifel räumte NRW-Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) unmissverständlich aus: Die Landesregierung stehe geeint und sei bereit, "mutige und wichtige Schritte zu gehen". Sie gestand aber auch ein, dass die "schwierigen Antworten", die man gefunden habe, "uns etwas zumuten", ohne weitere Details zu nennen.

Dysfunktionale Politik: Die Woche nach Solingen WDR RheinBlick 30.08.2024 41:16 Min. Verfügbar bis 29.08.2029 WDR Online

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Wagner (AfD): "Herr Wüst, verfügen Sie über mich."

Der AfD-Abgeordnete Markus Wagner sieht im Anschlag in Solingen ein "massives Versagen des deutschen Staates" und sprach von einer "vollkommen verrückten Weltsicht der Grünen". Er forderte vom Ministerpräsidenten, Flüchtlingsministerin Josefine Paul zu entlassen und bot ihm an: "Herr Wüst, verfügen Sie über mich", er sei bereit, "Abschiebeminister" zu werden.