Landkreistag NRW fordert "Solidarfonds" von Bund und Ländern

Stand: 23.09.2022, 15:30 Uhr

Die Krisen und die damit verbundenen Kosten sind groß. Während Bund und Länder um die Finanzierung des Entlastungspakets ringen, betont der Landkreistag NRW die Finanznot der Kommunen.

Von Sabine Tenta

Inflation, Energieversorgung, Kriegs-Flüchtlinge aus der Ukraine - die Herausforderungen sind gerade zu groß, als dass der NRW-Landkreistag (LKT) einfach nur sein 75-jähriges Bestehen feiern könnte. Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) würdigte am Freitag bei der Feier vor mehr als 200 Delegierten den Einsatz des LKT für die Anliegen der 31 NRW-Kreise.

Aber es ging auch um das, was der Vizepräsident des Landkreistages Olaf Gericke (CDU) eine "multiple Krisenlage" nannte. Darum forderte Gericke, der Landrat des Kreises Warendorf im Münsterland ist, eindringlich zu einer umfassenden "Unterstützung im Rahmen eines Bund-Länder-Solidarfonds" auf.

Finanzbedarf der Kommunen wächst

Die von Gericke benannten Aufgaben, die zu finanzieren sind, gehen weit über das Entlastungspaket III der Bundesregierung hinaus: Die kommunale Daseinsvorge müsste durch Krankenhäuser sowie Stadt- und Kreiswerke abgesichert werden, dafür sind kommunale Gelder notwendig. Zudem seien Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen nötig, die ohne zusätzliche Gelder von Bund und Ländern nicht zu bewältigen seien. Ganz konkret nannte Gericke noch die wegen der schlechten Wirtschaftslage "absehbare Explosion der Sozialleistungen, die im kreisangehörigen Raum ganz überwiegend die Kreise zu tragen haben".

Und das alles ist vor dem Hintergrund der ohnehin schon klammen Lage vieler Kommunen zu sehen. Sie leiden teilweise massiv unter der Last ihrer Altschulden.

Entlastung für die Bürger, Belastung für die Kommunen

Konkrete Zahlen für die Höhe oder Dauer des Solidarfonds nennt der Landkreistag nicht - zu unkalkulierbar sind gerade wohl die Finanzen. Das zeigt allein ein Blick auf das Entlastungspaket III, das die Ampelkoalition im Bund plant. Es soll 65 Milliarden Euro umfassen, von Bund, Ländern und Kommunen getragen werden - und es ist noch lange nicht in trockenen Tüchern. Nächste Woche Mittwoch werden die Länder zusammen mit Bundeskanzler Scholz auf der Ministerpräsidentenkonferenz verhandeln. Und dann braucht es noch ein geregeltes Gesetzgebungsverfahren, Bundestag und Bundesrat müssen zustimmen, wobei die Länder schon mit einer Blockade im Bundesrat drohen.

Entlastungspaket in großem Teil von Kommunen mitgetragen

Und die Kommunen? Sie müssten die Finanzlast des Entlastungspakets in einem großen Umfang mittragen. Das geht aus einem Bericht des NRW-Finanzministeriums hervor, der die Mehrbelastungen für Länder und Kommunen auflistet. Bei den Kommunen ist zwar nur eine deutschlandweite Zahl ausgewiesen. Aber die Belastungen für NRW lässt sich grob abschätzen, wenn man weiß, dass rund ein Fünftel aller deutschen Kommunen im bevölkerungsreichsten Bundesland NRW ist.

Die Kommunen in ganz Deutschland müssten für das Entlastungspaket III im nächsten Jahr rund 3,87 Milliarden Euro aufbringen und 2024 weitere 3,17 Milliarden Euro. Heißt für NRW, wenn man die Ein-Fünftel-Daumenschätzung anwendet: Rund 770 Millionen Euro, welche die Kommunen nächstes Jahr für das Entlastungspaket III aufbringen müssten.

Allein die Reduzierung der Mehrwertsteuer auf Gas schlägt 2023 deutschlandweit mit 129 Millionen Euro zu Buche, die Erhöhung des Kindergelds mit 313 Millionen Euro.