Krankenhäuser in der Krise: Bund-Länder-Gipfel berät

Stand: 05.01.2023, 12:36 Uhr

Erst Corona, dann die Energiekrise: Viele Krankenhäuser kämpfen um die Existenz. Bund und Länder ringen um Reformen, damit genug Kliniken zur Gesundheitsversorgung übrig bleiben.

Von Martin Teigeler

Schnelle Krisenhilfe und mittelfristige Reformen - darum geht es in der Debatte über die Zukunft der Krankenhäuser. Am Donnerstag findet ein Bund-Länder-Gespräch zur Krankenhausreform statt. Während politisch um Zukunftskonzepte gerungen wird, spitzt sich die Notlage vieler Kliniken zu. Neue Milliardenhilfen werden gefordert. Es sei davon auszugehen, dass 2023 ein schwieriges Jahr für Krankenhäuser werde, da Hilfsprogramme aus der Corona-Zeit auslaufen, sagt der Gesundheitsökonom Boris Augurzky vom RWI.

Ein aktuelles Krisen-Beispiel: Die katholischen Nordkreis-Kliniken Linnich und Jülich mussten im November 2022 Insolvenz anmelden - wegen drohender Zahlungsunfähigkeit. Nun soll der Betrieb saniert werden. Wie ein "Brandbeschleuniger" hätten Corona- und Energiekrise gewirkt, sagt Insolvenzverwalter Mark Boddenberg. Das Grundproblem sei aber, dass solche Krankenhäuser unter den derzeitigen Gegebenheiten gar nicht wirtschaftlich betrieben werden könnten. Er mahnte Eile bei den politischen Reformen an.

"Finanzielle Abwärtsspirale"

Die angespannte wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser sei "das Ergebnis gleich mehrerer Krisen", sagt Ingo Morell, Präsident der Krankenhausgesellschaft NRW: Mit den finanziellen Folgen der Pandemie müssten die Kliniken inzwischen alleine klarkommen, obwohl die stationären Fallzahlen hoch geblieben seien. "Die anhaltenden Personalausfälle schränken die Kapazitäten und damit auch die Erlöse der Krankenhäuser zusätzlich ein", so Morell. Die "finanzielle Abwärtsspirale" habe der Bund zu lange ignoriert.

Karl Lauterbach (SPD), Bundesminister für Gesundheit | Bildquelle: dpa

Über eine große Reform der Krankenhäuser wurde bereits vor Corona immer wieder geredet. Doch erst die Pandemie hat klar gemacht, wie sehr die Kliniken auf Kante genäht sind. Nun also wird es konkret. Der Bund will handeln. Aus den Reihen der Gesundheitsminister der Länder wird allerdings bereits zu viel Zentralismus befürchtet.

Was Lauterbach plant

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will Vorschläge einer Regierungskommission umsetzen. Demnach sollen Kliniken statt über Fallpauschalen künftig nach neuen Kriterien honoriert werden: Vorhalteleistungen, Versorgungsstufen und Leistungsgruppen. Unter anderem sollen für das Vorhalten von Personal, etwa in einer Notaufnahme, feste Beträge fließen. Anders als heute sollen Krankenhäuser zudem in drei Level eingeordnet und entsprechend gefördert werden. So soll es Kliniken zur Grundversorgung geben - zum Beispiel für grundlegende chirurgische Eingriffe und Notfälle. Andere Häuser sollen sich um die "Regel- und Schwerpunktversorgung" kümmern. Unikliniken sollen einer dritten Gruppe zugeordnet werden, den Kliniken für die "Maximalversorgung".

Was Laumann plant

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) warnte davor, die Krankenhausplanung zentral aus Berlin zu steuern. Denn dies sei Ländersache.

Laumanns Plan: Für die Krankenhäuser in NRW will er den Wettbewerb benachbarter Kliniken unterbinden, die mit einem ähnlichen Spektrum an Operationen um Patienten und Personal konkurrieren. Gleichzeitig soll überall im Land die medizinische Versorgung sichergestellt sein. Nicht mehr die Anzahl von vorgehaltenen Betten soll entscheidend sein, sondern eine hochgerechnete Fallzahl von Leistungen wie die Behandlung von Herzinfarkten oder Schlaganfällen. Bis 2027 will das Land für die Reform 2,5 Milliarden aufwenden.

Die SPD im Landtag sieht Laumanns Pläne kritisch. "Die Mittel, die Gesundheitsminister Laumann für seinen Krankenhausplan bereitstellt, dürften vielleicht gerade mal reichen, um die künftigen Investitionskosten für die neuen Qualitätskriterien einigermaßen zu decken. Die chronische Unterfinanzierung aus der Vergangenheit ist damit noch keinesfalls gelöst", sagt der SPD-Gesundheitsexperte Thorsten Klute.

In der Debatte gibt es zudem Rufe nach radikaleren Änderungen. Der Sozialverband VDK zum Beispiel fordert eine vollständige Abkehr von der Gewinnorientierung der Krankenhäuser. Zugleich warnen Patientenschützer davor, dass kleine Kliniken auf dem Land auf der Strecke bleiben könnten zugunsten von Krankenhäusern in Ballungsräumen.

Über das Thema berichtet der WDR am 04.01.2023 u.a. im Westblick auf WDR 5 und in der Aktuellen Stunde.