Der Kies-Euro: Richtiger Weg oder fatales Signal? Aktuelle Stunde 08.09.2023 16:45 Min. UT Verfügbar bis 08.09.2025 WDR Von Bernd Neuhaus

Kommt der "Kies-Euro" später als geplant?

Stand: 08.09.2023, 15:58 Uhr

Eigentlich sollte die "Rohstoff-Abgabe" auf Kies und Sand zum Jahreswechsel eingeführt werden. Darauf hatten sich CDU und Grüne im Koalitionsvertrag verständigt. Doch nun bestehen die Grünen nicht mehr darauf.

Von Rainer StriewskiWolfgang Otto

Seit Jahren schon ist der Abbau von Kies und Sand in NRW umstritten: Einerseits ist er notwendig für den Bau von Straßen, Brücken und Häusern, andererseits eine Belastung für die Landschaft und das Grundwasser.

Die Grünen setzen sich deshalb schon lange dafür ein, den ungeliebten Abbau unattraktiver zu machen. In den Verhandlungen mit der CDU haben sie sogar die Einführung einer "Rohstoff-Abgabe" in den Koalitionsvertrag schreiben lassen. Spätestens zum 1. Januar 2024 soll die Abgabe demnach eingeführt werden. Doch das Datum könnte nun wackeln.

Das Zieldatum stehe zwar, "aber uns ist die Qualität da wichtiger", erklärte Volkhard Wille (Grüne), Sprecher seiner Fraktion für Natur- und Umweltschutz, am Freitag gegenüber dem WDR. Zuvor müssten Fragen und Bedenken auch ausdiskutiert werden. "Es bringt nichts, das übers Knie zu brechen", so Wille. Er könne sich eine Verschiebung um "ein paar Monate" vorstellen.

Experten-Anhörung im Landtag

Erwin: "Eine Sonderabgabe lehnen wir ab". | Bildquelle: WDR/privat

Wille weiß: Die Abgabe ist auch beim Koalitionspartner CDU umstritten. "Eine Sonderabgabe lehnen wir ab", hatte bereits die CDU-Landtagsabgeordnete Angela Erwin gegenüber dem WDR klargestellt. Erwin ist die Landesvorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion von NRW (MIT). Am Freitag wurden bei einer Sachverständigenanhörung im Düsseldorfer Landtag nun noch einmal Argumente von Befürwortern und Gegnern ausgetauscht.

Dabei verwies Henning Wilts vom Wuppertal Institut etwa auf Großbritannien. Dort habe eine entsprechende Steuer zu einer deutlichen Erhöhung des Anteils von Recyclingmaterialien in der Bauwirtschaft geführt. Der Baustoffverband "Vero" hingegen befürchtet Wettbewerbsnachteile für NRW, wenn eine Abgabe auf Bundeslandebene eingeführt werden sollte. Der Verband hat zudem "verfassungsrechtliche Bedenken" und vermutet, dass "im Wohnungsbau weniger Projekte umgesetzt werden können".

Grüne weiterhin für Rohstoffabgabe

Die Grünen sahen sich nach der Anhörung bestätigt: "Die heutige Anhörung hat verdeutlicht, wie entscheidend die Einführung einer Rohstoffabgabe für die Etablierung einer Kreislaufwirtschaft im Gebäudesektor ist", erklärte Volkhard Wille.

Die Rohstoffe Kies und Sand wären endlich und ihr Abbau zerstöre Natur, aber auch landwirtschaftliche Flächen, so Wille weiter. "Mithilfe neuer Verfahren im Bauschuttrecycling können große Mengen mineralischer Reststoffe, die bisher verkippt werden, zu hochwertigen und kostengünstigen Baustoffen aufbereitet und zugleich wertvolle Landschaften bewahrt werden."

FDP: "Pläne für Kies-Euro einstampfen!"

Die FDP-Fraktion verwies hingegen auf die ohnehin gestiegenen Baukosten. "Vor allem der Wohnungsbau befindet sich im freien Fall", betonte Dietmar Brockes, wirtschafts- und umweltpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion. Die Einführung einer Abgabe auf Kies und Sand würde den Bau nur weiter verteuern. "Die Schaffung von dringend benötigtem Wohnraum wird dadurch weiter ausgebremst und verteuert, ebenso wie die Sanierung von Straßen und Brücken und der Bau von Windkraftanlagen", so Brockes.

Weniger Abbau heimischer Rohstoffe gehe aber nur, wenn der Einsatz von Recyclingrohstoffen entsprechend vergrößert werden. "Da muss die Landesregierung erstmal die eigenen Hausaufgaben besser erledigen", erklärte Brockes - und forderte die Landesregierung auf, "die Pläne für einen Kies-Euro einzustampfen".