Denkmalschutz: Neues Gesetz, viel Kritik

Stand: 06.04.2022, 06:00 Uhr

Die NRW-Landesregierung will den Denkmalschutz nach über 40 Jahren reformieren. Klimaschutz und Barrierefreiheit sollen erleichtert werden. Doch die Pläne stoßen auf heftige Kritik.

Von Heide Rasche

Das neue Gesetz zum Denkmalschutz soll am Mittwoch im Landtag beschlossen werden - in einer der letzten Landtagsitzungen der laufenden Legislaturperiode. Ein politisches Hauruck-Verfahren sei das, werfen Kritiker dem Landesbauministerium vor. Und eine Aufweichung des Denkmalschutzes.

Der Grünen-Abngeordnete Johannes Remmel spricht davon, die Landesregierung breche "das Gesetz übers Knie". So eine wichtige Frage sollte, so Remmel, besser "fraktionsübergreifend gelöst werden, wenn es denn Novellierungsbedarf gibt".

80 Prozent der Baudenkmäler sind in Privatbesitz

Ministerin Ina Scharrenbach (CDU) will nach eigenen Aussagen Denkmal-Eigentümern helfen, also Baumaßnahmen schneller genehmigen und vor allem die Möglichkeit schaffen, die denkmalgeschützen Häuser leichter an moderne Anforderungen anzupassen. Knapp 87.000 Baudenkmäler gibt es in Nordrhein-Westfalen, davon sind rund 80 Prozent in Privatbesitz, 10 Prozent gehören Religionsgemeinschaften.

"Das Beste, was einem Denkmal passieren kann, ist Nutzung", sagen die Befürworter wie der baupolitische Sprecher der CDU, Fabian Schrumpf. Das neue Gesetz soll nach Überzeugung der Bauministerin zeitgemäßer werden. Heißt, der Einsatz erneuerbarer Energien und Barrierefreiheit sollen künftig möglich sein. Allerdings dürfe dabei der Denkmalschutz nicht außer Acht gelassen werden.

Stiftung Denkmalschutz: "Verlust von Originalsubstanz"

Trotzdem befürchten Kritiker wie Steffen Skudelny von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz einen Verlust der "Originalsubstanz". Es gebe genug andere Häuser, die mit Solaranlagen bestückt werden könnten, dazu müsste nicht ein Denkmal herangezogen werden.

Bei der Entscheidung, ob ein Denkmal abgerissen oder umgebaut werden darf, sind laut Gesetz künftig auch die Belange des Wohnungsbaus zu berücksichtigen. Da befürchten Kritiker, dass künftig alte Bauten zugunsten von Luxuswohnungen abgerissen werden könnten. Dabei schreibt das Gesetz auch vor, dass die ursprüngliche Nutzung, zum Beispiel einer Mühle, auch künftig Vorrang bei der Planung haben muss.

Städte und Gemeinden bekommen mehr Verantwortung

Für großen Unmut sorgt die Verschiebung der Kompetenzen. Erste Ansprechpartner von Denkmal-Eigentümern sind in Zukunft die Städte und Gemeinden, also die unteren Denkmalbehörden. Bis jetzt hatten die übergeordneten Denkmalfachämter bei den Landschaftsverbänden mehr Einfluss auf die Entscheidung über Unterschutzstellungen oder Baumaßnahmen.

Jetzt sollen die Kommunen entscheiden. Die Denkmalfachämter werden nur noch angehört. "Nach 42 Jahren dürfen die Städte und Gemeinden auch mal mehr Verantwortung bekommen", entgegnet Bauministerin Scharrenbach Kritikern, die ihr vorhalten, die Kommunen hätten zu wenig Erfahrung für diese Aufgabe.

Kirchen bekommen ein Widerspruchs-Recht

Und dann sind da noch die Kirchen: Die Stiftung Denkmalschutz wirft der Landesregierung vor, die Kirchen zu bevorzugen. Wenn ein Gotteshaus als Denkmal eingetragen werden soll, sollen die Kirchen künftig das Recht haben, bei Widerspruch die oberste Instanz - also das Bauministerium - einzuschalten. Das entscheidet dann.

Die katholischen Bistümer und die evangelischen Landeskirchen verweisen auf ihre große Expertise in Sachen Denkmalschutz. Immerhin seien von den landesweit rund 5.200 Kirchengebäuden schon die Hälfte Baudenkmale.

Ganz neu geschaffen wird durch das Gesetz der Landesdenkmalrat. Den kann die oberste Denkmalbehörde, also das Bauministerium, zur Beratung berufen. Darin sitzen unter anderem Vertreter der Kirchen, von Kunst und Wissenschaft, der Stiftung "Kunstsammlung NRW", der Denkmalpflege, Architekten und Handwerker.