Abschießen - oder nicht? Und wenn ja: unter welchen Umständen? Gerade, wenn Wölfe Weidetiere reißen, werden die Rufe lauter, sie zu "entnehmen". So heißt ein Abschuss im Amtsdeutsch. Weil sich immer mehr Wölfe in Deutschland ansiedeln und zunehmend zum Problem für Landwirte und Tierzüchter werden, hat Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) nun konkrete Änderungen der bisherigen Praxis vorgeschlagen.
Demnach sollen Wölfe dann geschossen werden können, wenn sie innerhalb von drei Wochen nahe einer Risstelle gesehen werden. Konkret geht es um einen Radius von 1.000 Metern. Dabei muss nicht mehr, wie bisher, per DNA-Probe nachgewiesen werden, dass es sich um genau den Wolf handelt, der zuvor ein Tier gerissen hatte.
Diese Ausnahmegenehmigung vom ansonsten strengen Schutz für Wölfe sollen Behörden dann erteilen können, wenn ein Wolf ein Weidetier gerissen und dabei Herdenschutzmaßnahmen überwunden hat. Außerdem müsse es bereits häufiger Angriffe auf Weidetiere gegeben haben. Dieser Vorschlag sei schnell umsetzbar, sagte Ministerin Lemke.
Ministerin kommt Tierhaltern entgegen
Dieser Punkt ist vielen Landwirten und Tierhaltern wichtig. Denn ganz ohne Wolf werde es in Zukunft nicht gehen. Die Tiere werden bleiben, das weiß auch Peter Lautz. Er ist CDU-Kreistagsabgeordneter aus Bergisch-Gladbach und Inhaber einer Reitanlage.
Er selbst hat bisher keine Wolfsrisse zu beklagen, verweist aber auf seine Kollegen am Niederrhein, wo eine Wölfin Ponys gerissen haben soll.
Der Prozess bis zu einer Abschussgenehmigung habe bisher zu lange gedauert, räumte Ministerin Lemke am Donnerstag in Berlin ein. Dies habe zu Frustration bei den Tierhalten geführt und dazu, dass die Akzeptanz des Wolfes in Gefahr sei.
Wolfsverordnung regelt Umgang
Die bürokratischen Hürden bis zu einem Abschuss sind bisher hoch. Sie sind in der Wolfsverordnung des Landes geregelt. Das Umweltministerium müsste letztlich die Genehmigung dafür geben, wenn eindeutig die genetische Identität des Angreifers geklärt ist, was viel Zeit in Anspruch nimmt. In NRW wurde seit der Rückkehr der Wölfe kein einziges Tier geschossen.
Karlheinz Pompe, Sprecher des Landesfachausschuss Wolf vom NABU NRW, findet es richtig, dass die Hürden entsprechend hoch sind. Der Abschuss solle die letzte Option sein. Besser wäre es aus seiner Sicht, die Wolfsgebiete auszuweiten, um auch durchstreifende Tiere zu schützen.
Schutzmaßnahmen für Herdentiere
Das Umweltministerium in NRW verweist indes auf Herdenschutzmaßnahmen. In insgesamt sieben ausgewiesenen Gebieten werden zum Beispiel Zäune vom Land gefördert oder auch Entschädigungen für tote Tiere gezahlt. Auch in diesem Jahr stehen für solche Maßnahmen zwei Millionen Euro zur Verfügung. Im vergangenen Jahr wurden 430.000 Euro abgerufen, also längst nicht alle Fördergelder ausgeschöpft. Doch das reiche ohnehin nicht, meint Pferdebesitzer Peter Lautz. Ein Zaun reguliere nicht die Menge der Wölfe.
Umweltminister Oliver Krischer betont in einem Statement, der Wolf sei Teil der Natur und es gehe darum, ein Miteinander zu ermöglichen. Der Herdenschutz habe dabei Priorität. Die Wolfsverordnung soll jedoch weiterentwickelt werden.
Umweltministerin Lemke will ihre neuen Vorschläge nun im November mit ihren Amtskollegen in den Ländern besprechen und wenn möglich beschließen. Danach könnte das Leben für Wölfe mit einer Vorliebe für Weidetiere deutlich gefährlicher werden.