Unser Leben mit KI: Wie künstliche Intelligenz unsere Arbeit revolutioniert WDR.DOK 19.06.2024 29:29 Min. UT Verfügbar bis 19.06.2026 WDR

KI bei der Feuerwehr: Drohne hilft, wo's brenzlig wird

Stand: 19.06.2024, 06:00 Uhr

Künstliche Intelligenz kann die Arbeit von Rettungskräften sicherer machen. Smarte Assistenten wie KI-Drohnen könnten künftig durch Brandräume fliegen oder im Schwarm Vermisste suchen. Und Notrufe sollen bald simultan übersetzt werden.

Von Katja Goebel

Dichter Rauch strömt aus den Fenstern eines Dortmunder Hauses, drinnen sind immer wieder Flammen zu sehen, die im Raum meterhoch an die Decke schlagen. Ein Team von Feuerwehrleuten macht sich bereit, in das brennende Haus zu gehen. Sie wissen nicht, was sie im Innern des Hauses erwartet. Deshalb schicken sie erst einmal einen besonderen Mitarbeiter vor. Der ist klein, wendig und hat seine Augen überall.

Smarte Drohne mit 360-Grad-Blick

Dies ist kein echter Notfall. Das Brandhaus gehört zum Ausbildungszentrum der Dortmunder Feuerwehr Dortmund. Das Feuer wurde gelegt, damit die Retter ihre Einsätze trainieren oder dem neuen Mitarbeiter in sicherer Entfernung bei der Arbeit zuschauen können. Denn: Der smarte Kollege ist eine Drohne. Die ist mit Künstlicher Intelligenz ausgestattet und kann sogar brennende Räume durchfliegen.

Die Drohne liefert Bilder aus einem brennenden Haus | Bildquelle: WDR

Dabei sendet die Drohne mehr als nur eine Aufnahme. Huckepack ist zusätzlich eine 360-Grad-Kamera verbaut. Über sie kann die Einsatzleitung auch sehen, was neben und hinter den Einsatzkräften passiert.

"Die KI kann uns viele Information nach draußen liefern, ohne dass wir unsere Einsatzkräfte gefährden müssen." Karsten Möller, Feuerwehr in Dortmund

"Mit der Drohne können wir in die Bereiche, in die wir unsere Einsatzkräfte nicht hinschicken wollen, weil dort Einsturz droht oder Gefahrstoffe austreten", erklärt Karsten Möller, Feuerwehr in Dortmund.

Analyse am Monitor: Rettungskräfte können Brandbilder auswerten | Bildquelle: WDR

Entwickelt wurde die Drohne im Auftrag des Deutschen Rettungsrobotik-Zentrums. In der jetzigen Testphase wird sie von erfahrenen Drohnenpiloten gesteuert. Im Idealfall sollen die Übertragungen künftig in Echtzeit möglich sein. Aber: Aktuell müssen die Drohnendaten erst noch aufbereitet werden. Das kostet Zeit. Zeit, die Retter oft nicht haben.

KI hat kein Bauchgefühl

Matthias Kleinhans von der Feuerwehr Dortmund | Bildquelle: WDR

Auch kann die KI die Bewertung einer Gefahrensituation nicht komplett leisten. "Zur Feuerwehr gehören auf jeden Fall Bauchgefühl und Erfahrungswerte", erklärt Feuerwehrsprecher Matthias Kleinhans. So könne eine KI zum Beispiel nicht unbedingt voraussehen, wie sich Baustoffe oder Bauteile verhalten. Da sei dann doch der geschulte Blick der Feuerwehrleute gefragt.

Fliegende Feuermelder

Blick in eine ausgebrannte Lagerhalle | Bildquelle: WDR, Thomas Kalus

Auch um Brandursachen aufzuklären, werden schon Drohnen bei der Feuerwehr eingesetzt. Sachverständige können sich mit Hilfe der Luftaufnahmen einen besseren Überblick verschaffen. Drohnen mit Wärmebildkameras helfen bei der Suche nach Glutnestern, die nach einem Brand immer wieder aufflammen können.

Drohnenaufnahme von einem Waldbrand | Bildquelle: dpa

Solche Drohnen könnten künftig auch mit Künstlicher Intelligenz ausgestattet werden, um Bilder zum Beispiel von Waldbränden auszuwerten. Geforscht wird auch schon an Langstreckendrohnen zur Früherkennung von Waldbränden. Durch häufige Einsätze wird die KI der Bilderkennungssoftware trainiert und ermöglicht eine noch genauere Raucherkennung.

Suche nach Vermissten

Doch nicht nur bei Bränden können Drohnen die Retter unterstützen. Ausgestattet mit Wärmebildkameras helfen sie längst dabei, vermisste Menschen zu orten. Der Vorteil: Drohnen sind flexibler, schneller und im Vergleich zu Hubschraubern kostengünstiger. So wurde zum Beispiel bei dem Hochwasser in Süddeutschland Anfang Juni 2024 eine Frau nach über 50 Stunden aus einer Baumkrone gerettet. Eine Wärmebilddrohne hatte die 32-Jährige geortet.

Derzeit wird in Österreich zum Beispiel daran geforscht, ganze Drohnenschwärme autonom fliegen und suchen zu lassen. Ein Projekt der Johannes Kepler Universität Linz mit deutschen Kooperationspartnern soll Drohnenschwärme für Such- und Rettungseinsätze fit machen, wenn sich Menschen in einem Wald oder einem von oben nicht einsehbarem Gelände verirrt haben. Die Drohnenschwärme werden gerade in Feldstudien getestet.

"KI kann Leben retten"

KI kann Leben retten, dieser Meinung ist auch die Vereinigung zur Förderung des deutschen Brandschutzes (vfdb). Und das könnte schon bei eingehenden Notrufen beginnen. Denn was tun, wenn Hilfesuchende sich bei der Feuerwehr melden, aber eine andere Sprache sprechen? Das vom Bundesforschungsministerium geförderte Projekt "NotAs" hat sich genau damit befasst. Herausgekommen ist ein multilingualer Notruf Assistent.

Dabei wurden zunächst die bei Rettungsrufen typischen Redewendungen gesammelt und der KI als Trainingsdaten zur Verfügung gestellt. Ziel ist es, die KI so trainieren, dass sie eingehende Notrufe sofort übersetzt und auch die Nachfragen auf Deutsch wiederum für den Anrufer in eine andere Sprache transkribiert.

Der KI-basierte Sprachassistent konnte von der Feuerwehr Dortmund bereits getestet werden. Bislang ist das Übersetzungsprogramm jedoch nicht im Einsatz, weil es noch ein paar "Kinderkrankheiten" habe, erklärt Feuerwehrsprecher Matthias Kleinhans. So müsste zum Beispiel bei der Spracherkennung nachgebessert werden, damit die KI zum Beispiel auch Dialekte besser einordnen könnte.

"Feuerwehr ist eben auch Forschung." Matthias Kleinhans, Sprecher der Feuerwehr Dortmund

Notrufe werden live übersetzt

Einen kleinen Schritt weiter ist man im Kreis Mettmann. Die dortige Leitstelle nutzt nach eigenen Angaben als erste in NRW eine Software mit der Notrufe live übersetzt werden. Das Tool ermöglicht ebenfalls die zeitgleiche Übersetzung in beide Richtungen – also von einer Fremdsprache ins Deutsche und umgekehrt.

Angeschafft wurde die Technik mit Blick auf die Fußballeuropameisterschaft. Auch KI sei an Bord, aber noch ausbaufähig, sagt Daniela Hitzemann, Sprecherin des Kreisverwaltung Mettmann. "Noch muss der Disponent in der Leitstelle bei einem eingehenden Notruf die Sprache selbst auswählen." Dann aber funktioniere der Dialog reibungslos. Der Anrufer schildert seine Notsituation zum Beispiel auf Polnisch und der Mitarbeiter der Leitstelle sieht die Antwort auf seinem Monitor in Deutsch. In Zukunft, so Hitzemann, könne eine KI die sofortige Sprachauswahl übernehmen.

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