Sicherheitsrisiken: Helfer führen Einsatz im Erdbebengebiet fort

Stand: 12.02.2023, 12:29 Uhr

Im türkischen Erdbebengebiet wächst offenbar die Wut bei den Menschen. Es soll zu Tumulten gekommen sein. Rettungsteams aus Deutschland hatten ihre Arbeit zunächst eingestellt, nun aber wieder aufgenommen.

Seit Tagen suchen Rettungsteams im Erdbebengebiet der Türkei in den Trümmern nach Überlebenden. Doch die Chancen darauf schwinden von Stunde zu Stunde - zu lange ist das Erdbeben von Montag her.

Trotz bestehender Sicherheitsprobleme vor Ort haben die Helfer der Hilfsorganisation ISAR Germany aus Duisburg ihre Arbeit aber wieder aufgenommen. Das bestätigte ein Sprecher dem WDR. Die Einsätze würden in enger Abstimmung mit dem türkischen Katastrophenschutz Afad durchgeführt.

Das Technische Hilfswerk (THW) und die Hilfsorganisation ISAR Germany aus Duisburg mussten am Samstag ihre Rettungsarbeiten unterbrechen. Zuvor hatte sich verschiedenen Quellen zufolge die Sicherheitslage in der von dem Beben besonders stark getroffenen Provinz Hatay geändert. Das teilten beide Organisationen mit.

Keine Aggression gegen deutsche Helfer

"Es gibt zunehmend Berichte über Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Gruppierungen, auch Schüsse sollen gefallen sein", hieß es vom THW. Die Einsatzkräfte selbst hatten von den Tumulten aber nichts mitbekommen. Ein ISAR-Sprecher teilte mit: "Nach unseren Informationen richten sich die Aggressionen nicht gegen deutsche Helfer." Es habe bislang keine Bedrohungslage gegeben.

Trauer weicht der Wut

Ganz überraschend kommt die Entwicklung für die Helfer nicht. So sagt der ISAR-Sprecher, dass es bei großen Lagen wie einer Erdbebenkatastrophe erfahrungsgemäß verschiedene Phasen gebe. "Derzeit sind wir in jener Phase, in der die Hoffnung auf Überlebende unter den Trümmern immer geringer wird. Aus diesem Grund schlägt diese bisweilen bei den Menschen in tiefe Trauer und manchmal in Wut über ihre persönlichen Verluste um." Hinzu kämen Schwierigkeiten bei der Wasser- und Nahrungsmittelversorgung. Sie belasteten die Betroffenen und sorgten zum Teil für Frust. ISAR-Einsatzleiter Steven Bayer sagt: "Es ist festzustellen, dass die Trauer langsam der Wut weicht."

WDR-Reporter Jens Eberl berichtet von vor Ort, dass Augenzeugen von islamistischen Gruppen aus Syrien berichten, die Häuser plündern.

Helfer bleiben im Lager

Die Helfer bleiben vorerst in ihrem Lager in Kirikhan | Bildquelle: IMAGO

Die Konsequenzen aus der neuen Sicherheitslage: Die Such- und Rettungsteams bleiben vorerst im gemeinsamen Basislager in der Stadt Kirikhan. Wenn es einen konkreten Hinweis gebe, dass jemand lebend gerettet werden könne, werde man hinausfahren, sagte THW-Sprecherin Katharina Garrecht vor Ort.

Wegen potenzieller Sicherheitsrisiken hatte auch das österreichische Militär am Samstag seinen Rettungseinsatz ausgesetzt. "Es gibt zunehmend Aggressionen zwischen Gruppierungen in der Türkei. Es sollen Schüsse gefallen sein", sagte ein Oberstleutnant der österreichischen Nachrichtenagentur APA. Angriffe auf die Retter habe es nicht gegeben. Aber: "Der erwartbare Erfolg einer Lebendrettung steht in keinem vertretbaren Verhältnis zu dem Sicherheitsrisiko." Im Laufe des Tages wurden die Rettungsarbeiten der Österreicher fortgesetzt - mit türkischem Militärschutz.

Aufnahmen aus dem Erdbebengebiet von unseren COSMO-Kollegen: