Nicht nur Habeck: Strategien in Sachen Kanzler-Kandidatur Aktuelle Stunde 08.11.2024 35:34 Min. Verfügbar bis 08.11.2026 WDR Von Nils Rode

Wie sich Habeck in einem Video als Kanzler anbietet

Stand: 08.11.2024, 17:26 Uhr

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will Kanzlerkandidat der Grünen werden. Seine Kandidatur hat er heute bekannt gegeben.

Habeck verkündet seine Kandidatur für die Grünen ohne das Wort Kanzlerkandidat direkt in den Mund zu nehmen. In dem Video sitzt er nach eigenen Angaben am Küchentisch von Freunden. Er sagt dabei: "Ich bin bereit, meine Erfahrung, meine Kraft und meine Verantwortung anzubieten - wenn Sie wollen, auch als Kanzler. Aber das ist nicht meine, das ist Ihre Entscheidung. Nur Sie können das entscheiden."

"Ich bewerbe mich als Kandidat von den Grünen - für die Menschen in Deutschland." Robert Habeck

Habeck: Ich kenne die Umfragen

Habeck sagte in dem neunminütigen Video, dass er Menschen über die Parteigrenzen hinaus ansprechen wolle. Als Minister und Vizekanzler habe er gelernt, Krisen zu bewältigen und schwierige Entscheidungen zu treffen.

Er habe Fehler gemacht, räumte Habeck ein. Daraus lerne er jeden Tag. Einen Führungsanspruch müsse man sich erarbeiten und das wolle er tun. Der Grünen-Politiker ergänzte, er kenne die Umfragen.

Im aktuellen ARD-DeutschlandTrend liegen die Grünen bei 12 Prozent. Das sind vier Punkte weniger als der Koalitionspartner SPD auf sich vereint. Zum Vergleich: Die Union aus CDU und CSU kommt auf 34 Prozent. Der bisherige Bundesfinanzminister Christian Lindner von der FDP, der diese Woche von Kanzler Olaf Scholz entlassen wurde, stichelte deshalb schon auf der Plattform X:

"Schon verrückt. Keine eigene Mehrheit, aber jetzt zwei Kanzlerkandidaten in der Regierung." Christian Lindner (FDP)

Habecks Kandidatur war erwartet worden

Die Personalie war schon lange ein offenes Geheimnis. Im Juli hatte Habecks einzige ernst zu nehmende Konkurrentin, Außenministerin Annalena Baerbock, erklärt, dass sie keine Kanzlerkandidatur verfolgen wolle. Im ARD-"Bericht aus Berlin" sagte sie: "Robert Habeck ist derjenige, der uns in den Bundestagswahlkampf führt."

Vom 15. bis 17. November findet in Wiesbaden der Grünen-Bundesparteitag statt. Dort wird auch die Parteispitze neu gewählt. Es war erwartet worden, dass Habeck sich vor diesem Termin offiziell zur Kanzlerkandidatur äußert.

Hinweise auf X und Threads

Hinweise auf eine bevorstehende Kandidatur hatte Habeck zuvor auf der Online-Plattform X gegeben. Dorthin war er nach mehreren Jahren Abstinenz am Donnerstag zurückgekehrt.

Sein erstes Posting lautete: "Back for good." In einem weiteren Post ist Habeck zu sehen, wie er ein Textmanuskript redigiert. Im Hintergrund ist ein Kalender zu sehen, auf dem der 8. November rot umrandet ist. Dazu summt er die Melodie des Hits von Herbert Grönemeyer "Zeit, dass sich was dreht." Im Post dazu heißt es: "Von hier an anders" - dem Titel eines Buchs von Habeck. Den kurzen Clip hat er auch auf der Online-Plattform Threads gepostet. Auch dort hatte er vorher keinen eigenen Account.

Verbot von Grönemeyer-Song auch für Habeck

Nun hat Musiker Herbert Grönemeyer allerdings nach der CDU auch den Grünen verboten, seinen Hit "Zeit, dass sich was dreht" für den Wahlkampf zu nutzen. Grönemeyers Medienanwalt Christian Schertz teilte auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa mit: "Wir haben heute auch die Partei Bündnis 90/Die Grünen und Herrn Habeck aufgefordert, es in Zukunft zu unterlassen, Lieder von Herbert Grönemeyer und hier konkret das Lied "Zeit, dass sich was dreht" für Wahlkampfzwecke zu nutzen." 

Grönemeyer wünsche "grundsätzlich nicht, dass seine Person oder seine Lieder von politischen Parteien, noch dazu ohne seine Zustimmung, für jegliche Art von Wahlwerbung vereinnahmt werden".

Erklärung für Rückkehr auf X

Habeck hatte Anfang 2019, damals noch Grünen-Chef, unter der Überschrift "Bye bye, Twitter und Facebook" angekündigt, seine Konten auf Facebook und Twitter zu schließen. Er zog damit die Konsequenzen aus Ärger um Wahlkampf-Tweets und einen Datendiebstahl, der zur Verbreitung privater Informationen geführt hatte. 

Twitter sei ein "sehr hartes Medium, wo spaltend und polarisierend geredet wird", das färbe auch auf ihn ab, sagte Habeck damals. Jetzt schreibt er auf X: "Orte wie diesen den Schreihälsen und Populisten zu überlassen ist leicht. Aber es sich leicht zu machen kann nicht die Lösung sein. Nicht heute. Nicht in dieser Woche. Nicht in dieser Zeit. Deshalb bin ich wieder auf X."

Unsere Quellen:

Über dieses Thema berichten wir am 08.11.2024 im WDR Fernsehen: WDR aktuell, 16 Uhr.