Der EU-Emissionshandel wurde 2005 eingeführt und soll helfen, die Treibhausgasemissionen schrittweise zu senken und bis 2050 auf Null zu setzen. Nun will die EU die Regeln für den Handel verschärfen. Kommission und Länder hatten sich bereits im Dezember darauf geeinigt, am Dienstag verabschiedete das EU-Parlament die Beschlüsse.
Wie genau funktioniert der Emissionshandel?
Vereinfacht gesagt: Durch den Kauf von Verschmutzungsrechten. Wer CO2 produziert, muss sich die "Erlaubnis" dafür erkaufen, indem er die Rechte in Form eines Zertifikats dafür erwirbt. Pro Tonne CO2, die in die Atmosphäre gerät, ist ein bestimmter Preis fälllig, der sich täglich ändert - ähnlich wie die Preise an der Strombörse. Wer mehr CO2 produziert, als er in Form von Zertifikaten besitzt, muss nachkaufen. Wer weniger produziert, kann seine Verschmutzungsrechte wieder verkaufen. Die Gesamtmenge an CO2-Zertifikaten ist begrenzt und sinkt jährlich.
Wo gilt der EU-Emissionshandel?
In allen EU-Ländern sowie in Island, Norwegen und Liechtenstein.
Was passiert, wenn man mehr CO2 produziert, als man Zertifikate hat?
Dann muss man die Zertifikate nachkaufen, und zwar zum doppelten Preis.
Müssen alle Treibhausgas-Produzenten CO2-Zertifikate kaufen?
Nein. Es gibt Ausnahmeregelungen für bestimmte Branchen, die nach und nach reduziert werden sollen. Derzeit werden laut der Environmental Protection Agency (EPA) lediglich circa 45 Prozent der Treibhausgas-Emissionen mit dem Handel erfasst.
Was kostet eine Tonne CO2 im Emissionshandel?
Die Preise für eine Tonne CO2 sind schwankend, insgesamt aber steigen sie. Kostete ein Zertifikat 2020 im Jahresdurchschnitt knapp 25 Euro pro Tonne CO2, wurden 2022 im Schnitt 80 Euro fällig. Und die Kurse steigen weiter: Ende Februar dieses Jahres erreichten sie mit 100,63 Euro ein Allzeithoch.
Was passiert mit dem Geld, das durch die Zertifikate eingenommen wird?
Das können die EU-Mitgliedsländer selbst entscheiden, allerdings müssen mindestens 50 Prozent der Einnahmen für Klimaschutzmaßnahmen verwendet werden. In Deutschland fließen die gesamten Einnahmen in den Klima- und Transformationsfonds. Dieser finanziert Klimaschutzmaßnahmen wie etwa Zuschüsse zur Gebäudesanierung.
Wie erfolgreich war die Maßnahme für die Umwelt?
Seit Einführung des Emissionshandels im Jahr 2005 sanken die Emissionen der beteiligten Anlagen laut Bundesumweltamt um rund 36 Prozent. Die EU geht sogar von einem Rückgang von 41 Prozent aus.
Was will die EU nun ändern?
Mehr Branchen und Sektoren als bislang sollen verpflichtet werden, Verschmutzungsrechte zu kaufen. In Zukunft soll die Regelung auch für Schifffahrt, Gebäude, Straßenverkehr, Kraftstoffe und den EU-weiten Flugverkehr gelten. Zudem soll die Menge an erhältlichen Zertifikaten schneller als bisher verkleinert werden. Derzeit werden jedes Jahr 2,2 Prozent weniger Zertifikate ausgegeben, laut den EU-Plänen sollen es ab kommendem Jahr 4,4 Prozent weniger sein. Auch wird das Reduktionsziel der beteiligten Sektoren erhöht: Bis 2030 sollen die Emissionen um 62 Prozent im Vergleich zu 2005 gesenkt werden. Kostenlose Zertifikate, die es derzeit für besonders energieintensive Firmen noch gibt, sollen Schritt für Schritt auslaufen.
Inwieweit sind Privathaushalte betroffen?
Wenn das System wie geplant ab 2027 auch für Gebäude und Verkehr gilt, hat der Zertifikatehandel Einfluss auf die Preise beim Tanken oder beim Heizen; diese werden voraussichtlich eher steigen als sinken. Allerdings soll es hier eine Preisbremse geben. Zudem soll ein Klimasozialfonds in Höhe von 87 Milliarden Euro eingerichtet werden, der Haushalten und kleinen Unternehmen zugute kommen soll.
Wie sind die Reaktionen auf die Reform?
Größtenteils positiv, und das auch in politisch entgegengesetzten Lagern. Peter Liese, CDU-Europaabgeordneter aus Südwestfalen und Umwelt-Sprecher der EVP-Fraktion im EU-Parlament, sprach vom "größten Klimaschutz-Gesetz aller Zeiten", das "von einer riesigen Mehrheit" unterstützt worden sei. Laut Sven Giegold (Grüne), Staatssekretär im Wirtschafts- und Klimaschutzministerium, war die Verschärfung des Klimaschutzes "längst überfällig". Er sprach in einer Mitteilung von einem Erfolg, mit dem man "der Einhaltung unserer Klimaziele eine Riesenschritt" näher komme. Bernhard Osburg, Chef der Stahlsparte von ThyssenKrupp, nannte Einigung einen "sehr gelungenen Kompromiss". Als "Meilenstein" bezeichnete EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) den Beschluss des Parlaments. "Gemeinsam werden wir Europa zum ersten klimaneutralen Kontinent machen", schrieb sie auf Twitter.