Edeka rät von Stimme für AfD ab - auch NRW-Unternehmen für Vielfalt

Stand: 29.08.2024, 18:49 Uhr

Wenige Tage vor den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen ruft der Handelsriese Edeka indirekt dazu auf, nicht die AfD zu wählen. Die Supermarktkette veröffentlichte eine Anzeige mit dem Titel: "Warum bei Edeka Blau nicht zur Wahl steht".

Von Jörn Seidel

Der Aufruf in der Edeka-Anzeige, die am Donnerstag ganzseitig in den gedruckten, überregionalen Zeitungen "Die Zeit" und "Frankfurter Allgemeine Zeitung" erschien, spielt unmissverständlich auf die AfD an. Blau ist die Parteifarbe der Alternative für Deutschland, die der Verfassungsschutz in beiden Bundesländern als rechtsextremistisch einstuft.

Edeka: Obst zeige, dass Blau "keine gute Wahl" sei

In der Anzeige sind zahlreiche Obst- und Gemüsesorten wie Gurken, Brokkoli, Bananen, Kirschen und Erdbeeren abgebildet. "In der Obst- und Gemüseabteilung herrscht die bunte Vielfalt", steht im Text. "Die Evolution hat uns gelehrt: Blau ist keine gute Wahl", heißt es.

"In Deutschland sind die Blauen schon heute die größte Bedrohung einer vielfältigen Gesellschaft." Aus der Edeka-Anzeige

Was treibt den Handelsriesen an, vor den Landtagswahlen eine solche Anzeige zu schalten, was für ein Unternehmen dieser Größe ungewöhnlich ist?

Edeka auf WDR-Anfrage: Vielfalt "elementarer Wert"

Auf WDR-Anfrage erklärt das Unternehmen dazu lediglich: "Für den Edeka-Verbund sind Vielfalt, Toleranz und das Bekenntnis zu einer offenen Gesellschaft elementare Werte, zu denen wir uns bekennen und die in unserem Selbstverständnis verankert sind."

AfD bedankt sich für "Unterstützung"

Torben Braga gehört dem Vorstand der AfD Thüringen an. | Bildquelle: dpa/Bodo Schackow

Die AfD reagierte auf die Werbekampagne des Unternehmens unter anderem mit Dank: Der stellvertretende Sprecher des Landesvorstands Thüringen, Torben Braga, bezeichnete die Anzeige im sozialen Netzwerk X als "fleißige Unterstützung" im Wahlkampf. Und weiter:

"Ihre Kunden, Mitarbeiter, Lieferanten wählen uns auch." Torben Braga, AfD Thüringen

Der Handelsverband Deutschland (HDE) hatte sich in dieser Woche ebenfalls öffentlich zu Wort gemeldet. Präsident Alexander von Preen rief zur Wahl demokratischer Parteien auf.

Alexander von Preen, Handelsverband Deutschland | Bildquelle: dpa/Bernd Weißbrod

"Ich kann nur alle Akteure davor warnen, die gesellschaftlichen Spielregeln in Richtung Ausgrenzung und Hass zu verschieben. Das führt Gesellschaft und Wirtschaft nicht in eine positive Zukunft, sondern in eine Sackgasse", sagte er. 

Handelsverband verweist auf unbesetzte Stellen

Im Einzelhandel sind laut HDE zurzeit etwa 120.000 Stellen unbesetzt. "Woher sollen die Menschen denn alle kommen, wenn Politiker an das Ruder gelangen, die auf Ausgrenzung und Abschottung setzen?", so von Preen.

Er bezeichnete die AfD als gefährlich und verantwortungslos: "Mit Björn Höcke hat sich eine der Führungsfiguren der AfD zum wiederholten Male selbst demaskiert, als er den Familienunternehmen, die öffentlich eine Aktion für Vielfalt in Gesellschaft und Wirtschaft unterstützen, die Insolvenz wünschte.

Zahlreiche NRW-Unternehmen bekennen sich zu Vielfalt

Von Preen bezieht sich dabei auf die von mehr als 40 deutschen Unternehmen initiierte Kampagne "Made in Germany - Made by Vielfalt". Beteiligt sind unter anderem die Drogeriekette Rossmann, der Motorsägen- und Gartengerätehersteller Stihl und der Audiospezialist Sennheiser. Auch zahlreiche Unternehmen aus NRW machen mit - eine Auswahl:

  • Nahrungsmittel-Gruppe Oetker in Bielefeld
  • Haushaltsgerätehersteller Vorwerk in Wuppertal
  • Hygienepapier-Hersteller Wepa in Arnsberg-Müschede
  • Messtechnik-Unternehmen Krohne in Duisburg
  • Lebensmittelkonzern Pfeifer & Langen in Köln
  • Metallverarbeiter Otto Fuchs in Meinerzhagen
  • Logistikunternehmen Fiege in Greven
  • Haushaltsgerätehersteller Miele in Gütersloh
  • Unternehmensberatung Kienbaum in Köln
Björn Höcke, AfD-Spitzenkandidat in Thüringen | Bildquelle: AFP/Jens Schlueter

Thüringens AfD-Spitzenkandidat Höcke hatte die Kampagne bei einem Wahlkampftermin am Wochenende in Sömmerda laut einem Bericht des MDR als Heuchelei bezeichnet. Und er sagte:

"Ich hoffe, dass diese Unternehmen in schwere, schwere wirtschaftliche Turbulenzen kommen." Björn Höcke, AfD Thüringen

Kritik an der AfD äußerte auch der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm. Er fürchte, die aggressive Ausländerfeindlichkeit der AfD werde das bestehende Problem des Fachkräftemangels in Deutschland verschärfen, sagte er der "Welt".

BDI-Chef: AfD-Regierung würde Ost-Wirtschaft schaden

Eine Regierungsbeteiligung der AfD würde Wirtschaft und Wohlstand in Ostdeutschland enorm schaden. Die Partei stelle sich zu Unrecht als Stimme der mittelständischen Wirtschaft am Ort dar.

In Sachsen und Thüringen wird am Sonntag gewählt. In aktuellen Umfragen liegt die AfD in beiden Ländern bei Werten um 30 Prozent.

Über die AfD vor Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen berichteten wir am 29.08.2024 auch im Nachrichtenpodast 0630.

Unsere Quellen:

  • Edeka-Anzeige in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung"
  • Edeka-Antwort auf eine WDR-Anfrage
  • Nachrichtenagentur dpa