Drogen im Knast: Jeder fünfte Häftling ist abhängig

Stand: 20.02.2024, 20:25 Uhr

Im Gefängnis an Drogen zu kommen, ist nicht schwer: Rund 20 Prozent der Häftlinge in NRW sind abhängig. Besonders im Fokus der Justiz: Designerdrogen, die als "Schnipsel" in der JVA landen.

Etwa jeder fünfte Häftling in NRW gilt als drogenabhängig. Das geht aus einem aktuellen Bericht des Justizministeriums für den Rechtsausschuss des Landtags hervor, der am Mittwoch tagt. Zusätzlich zu den 20 Prozent abhängigen Inhaftierten nutzen demnach weitere elf Prozent Drogen, ohne davon abhängig zu sein. Insgesamt sind aktuell rund 14.200 Menschen in NRW inhaftiert. Laut dem Bericht sind 1.204 von ihnen in einem Drogenersatz-Programm.

Die Zahlen beziehen sich auf den Stichtag 31. März 2023. Im Vergleich zu den zwei Jahren davor haben sie sich kaum verändert, wie das NRW-Innenministerium auf WDR-Anfrage mitteilt.

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Justizministerium: Viele Abhängige werden straffällig

Dass es in den Gefängnissen so viele Drogenabgängige gebe, "ist ein Problem, das nicht der Vollzug ursächlich herbeiführt", so das Justizministerium auf die Anfrage. Es liege daran, dass "ein großer Anteil suchtmittelabhängiger Menschen straffällig wird" und eben dadurch im Gefängnis lande.

Drogenhandel und Drogenkonsum seien seit Jahrzehnten "ein Kernproblem des Justizvollzugs" heißt es in dem Bericht, der dem WDR vorliegt. Die Bekämpfung von Drogenmissbrauch gehöre innerhalb der JVA zum "Tagesgeschäft", heißt es dort weiter. Aus diesem Grund habe man den Personaleinsatz für Kontrollen erhöht sowie die technische Ausstattung und die Nachweisverfahren verbessert.

Drogenspürhunde extra für Gefängnisdurchsuchungen

Drogenhunde sind fast täglich im Einsatz | Bildquelle: dpa Picture-Alliance / Roland Weihrauch

Zudem habe man eine Hundestaffel, die eigens zum Aufspüren von Drogen in Gefängnissen geschaffen worden sei. Diese besteht aus 15 Spürhunden und hat im Jahr nach Angaben des Ministeriums circa 300 Einsätze. 2021 seien dabei in 101 Fällen Drogen gefunden worden, 2022 seien es 273 Fälle gewesen. Durch die Maßnahmen hätte bislang eine "spürbare oder datenmäßig belegbare Verschärfung der Problematik" verhindert werden können.

Aus medizinischen oder anderen Gründen - wie dem Verdacht auf Rauschgiftkonsum - wurden im vergangenen Jahr in den Haftanstalten 39.262 Drogentests gemacht, von denen nach Angaben des Ministeriums 7.555 positiv aufgefallen sind.

Geschmuggelt, übergeben, über die Mauer geworfen

Die Drogen gelangen dabei auf vielfältigen Wegen in die Justizvollzugsanstalten. Genannt werden Kontakte zu Besuchern sowie mit weiteren externen Stellen sowie Material- und Lebensmittellieferungen an Häftlinge. Auch "Mauerüberwürfe" seien eine Möglichkeit, wie Drogen in die Gefängnisse kämen.

"Ein rechtsstaatlicher Justizvollzug, der den Gefangenen zahlreiche Beschäftigungsmöglichkeiten, Kontakte mit Familienangehörigen und Freunden sowie vollzugsöffnende Maßnahmen bietet, kann nicht dermaßen abgeschlossen werden, dass das Einbringen von Drogen gänzlich verhindert wird", gibt ein Mitarbeiter der Justizministeriums zu bedenken.

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Psychoaktive Schnipsel: Schwer nachzuweisen und zu kontrollieren

Ein besonderer Augenmerk der Behören richtet sich auf Neue Psychoaktive Substanzen (NPS), also synthetisch hergestellte Designerdrogen. Diese werden als kleine "Schnipsel" konsumiert und werden auf Papier oder Textilien aufgetragen. Wegen des "unauffälligen Trägermaterials" sowie der "relativ geringen Nachweisbarkeit im Körper" seien diese im Strafvollzug besonders beliebt. Oft würden Briefe oder Zeichnungen als Trägermaterial benutzt. Der Besitz von Papier sei aber "nach rechtsstaatlichen Maßstäben nicht zu verhindern", so das Justizministerium.

Unsere Quellen:

  • Nachrichtenagentur dpa
  • Bericht des NRW-Justizministeriums
  • NRW-Justizministerium auf WDR-Anfrage
  • Landtag NRW