Reisetrend "Coolcation": Urlaub vom Hitzestress

Stand: 12.08.2024, 13:31 Uhr

Noch reisen die meisten Deutschen im Sommer in den Süden. Es gibt aber eine Gegenbewegung: Ferien im kühlen Skandinavien.

Während in diesen Wochen hunderttausende Urlauber an südlichen Stränden schwitzen, zieht es gleichzeitig immer mehr Menschen nach Norden. Der Trend nennt sich "Coolcation": eine Wortschöpfung aus "cool" (dt. kalt) und "vacation" (dt. Ferien). Angesichts des Klimawandels und immer neuen Hitzerekorden in Urlaubsländern wie Griechenland und Italien suchen viele Menschen die Abkühlung in Skandinavien. Länder wie Norwegen, Schweden und Finnland haben sich schon auf den neuen Trend eingestellt und werben gezielt für Urlaub in ihren gemäßigten Klimazonen.

Umfrage: Ein Drittel sucht nach Alternativen

Im vergangenen Jahr stieg die Zahl der Übernachtungen von Besuchern aus dem Ausland in Norwegen um 22 Prozent, Schweden verzeichnete einen Anstieg um elf Prozent. Laut einer Umfrage des Tourismusverbands Visit Sweden plant etwa ein Drittel der Deutschen eine Änderung ihrer Reisegewohnheiten wegen der zunehmenden Hitze in Südeuropa.

Reisejournalistin: Keine großen Bedenken bei den Einheimischen

Reisejournalistin Bernadette Olderdissen | Bildquelle: WDR

Das hat auch Reisejournalistin Bernadette Olderdissen in ihrer zweiten Wahlheimat Schwedisch Lappland beobachtet. Überfüllt sei es dort trotz steigenden Besucherzahlen noch nicht. "Die freuen sich noch über mehr Touristen und bauen den Tourismus weiter aus." Wer hier Urlaub mache, suche nicht nach Partys, sondern wolle zurück zur Natur. Auch deshalb gebe es unter den Einheimischen noch keine großen Bedenken wegen der vielen neuen Gäste.

EU-Studie erwartet mehr Besucher im Norden

"Coolcation" könnte nach einer Studie der Europäischen Union in den nächsten Jahren ein stetiger Trend werden. Anhand von Daten aus 269 europäischen Regionen wurden die Auswirkungen aktueller klimatischer Bedingungen auf die Touristenströme ausgewertet. Fazit der Studie: "Wir stellen ein klares Nord-Süd-Muster bei den Veränderungen der Tourismusnachfrage fest. Die nördlichen Regionen profitieren vom Klimawandel, während die südlichen Regionen mit erheblichen Rückgängen der Tourismusnachfrage konfrontiert sind."

Gletscherführer: Mehr Touristen beschleunigen Klimawandel

Tourguide Steinar Bruheim führt seit mehr als 40 Jahren Touristen über den norwegischen Gletscher Nigardsbreen. Er hat eine eigene Bezeichnung für sein neues Klientel gefunden: "Wir nennen sie 'Klimatouristen', weil sie vor der Hitze Südeuropas fliehen. Obwohl wir hier vielleicht nur 15 Grad haben und ganz schön viel Regen."

Gletscher in Norwegen | Bildquelle: IMAGO/Zoonar.com/WOLFGANG CEZANNE

Auch wenn Bruheim persönlich von dem Trend profitiert, warnt er vor den Folgen eines ungebremsten Tourismus. "Wir haben der Tourismusindustrie in Norwegen gesagt: 'Macht kein Marketing mehr in Asien!' Denn es ist paradox: Sie wollen die Gletscher sehen, bevor sie verschwinden. Doch wenn immer mehr mit dem Flieger kommen, wird der Einfluss auf den Klimawandel größer. Und damit auch die Bedrohung des Gletschers."

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