Amazon-Prime-Kunden können sich Sammelklage anschließen

Stand: 24.05.2024, 11:20 Uhr

Seit Februar müssen Nutzerinnen und Nutzer des Streaming-Dienstes Amazon Prime Video Werbung hinnehmen - ohne Zustimmung. Nun gibt es eine Sammelklage. Was bringt die?

Die Verbraucherzentrale Sachsen zieht mit einer Verbandsklage gegen Amazon vor Gericht. Seit Donnerstag ist das Klageregister für alle Amazon-Kundinnen und -Kunden geöffnet, die vor dem 5. Februar ein Prime-Video-Abo hatten. Wie kann man sich anschließen? Mit welchem Ziel? Fragen und Antworten. 

Gegen was richtet sich die Sammelklage?

Screenshot: Wer keine Werbung will, muss mehr zahlen. | Bildquelle: WDR/Schieb

Die Verbraucherzentrale Sachsen hat die Klage gegen Amazon Digital Germany eingereicht. Amazon hatte am 5. Februar begonnen, Werbung in Filmen und Serien seines Video-Streaming-Angebots zu schalten. Wer das vermeiden und weiterhin werbefrei streamen möchte, kann für 2,99 Euro das zusätzliche Abonnement "Prime Video Ad Free" abschließen und das Angebot ohne Werbung nutzen.

Nach Ansicht der Verbraucherzentrale Sachsen handelt es sich dabei um eine wesentliche Vertragsänderung. Und das gehe nur mit Zustimmung:

"Solche Änderungen innerhalb eines laufenden Vertrages sind nur mit Zustimmung der Verbraucher möglich." Michael Hummel, Rechtsexperte Verbraucherzentrale Sachsen

Amazon habe es vorgezogen, die Änderungen einseitig und eigenmächtig vorzunehmen, so Hummel. "Wir halten sie deshalb für rechtswidrig."

Gibt es nicht schon eine Klage wegen der Werbung bei Amazon?

Ja, und zwar vom Verbraucherzentrale-Bundesverband. Dessen Vorwurf: Es sei eine "versteckte Preiserhöhung", dass Amazon-Prime-Kunden nun mehr Geld für werbefreie Inhalte zahlen sollen. 

Deshalb hatte der Verband das Unternehmen bereits abgemahnt. Amazon lenkte aber nicht ein. Daraufhin reichte der Verband Klage auf Unterlassung ein. Mit der Sammelklage der Verbraucherzentrale Sachsen hat diese Klage aber nicht direkt zu tun.

Welches Ziel hat die Sammelklage gegen Amazon?

Der Verbraucherzentrale Sachsen geht es vor allem ums Prinzip. Wesentliche Änderungen eines laufenden Vertrags dürften nicht einseitig vorgenommen werden. "Andere Streamingdienste machen vor, wie es richtig geht und fragen ihre Kunden vorher", sagt Hummel.

Es geht der Verbraucherzentrale also nicht darum, das neue Bezahl-Modell an sich verbieten zu wollen. Solche kostenpflichtigen Abonnements sind gang und gäbe. Es geht ihr um die Art, wie das neue Modell eingeführt wurde.

Konkretes Ziel der Sammelklage ist: Amazon-Prime-Abonnenten bekommen "im Erfolgsfall ihr Geld aufs Konto zurück", teilt die Verbraucherzentrale mit. "Auf ein Jahr gerechnet geht es um etwa 36 Euro", so Hummel. "Wir rechnen mit einer Verfahrensdauer von mehreren Jahren." Am Ende könnte also ein Betrag für mehrere Jahre zusammenkommen.

Wer kann sich der Sammelklage gegen Amazon anschließen?

Der Sammelklage anschließen können sich alle Nutzerinnen und Nutzer, die vor dem 5. Februar ein Amazon-Prime-Abo hatten und es bezahlt haben. Das gilt sowohl für Amazon-Kundinnen und -Kunden, die das Zusatz-Abo abgeschlossen haben, als auch für diejenigen, die nichts getan haben. Laut Verbraucherzentrale muss man den Video-Dienst nicht genutzt haben, das Abo muss auch nicht mehr bestehen.

Wie kann man sich der Sammelklage gegen Amazon anschließen?

Die Anmeldung ist beim Bundesamt für Justiz möglich. Auf dessen Website gibt es dafür ein Online-Formular und eine Anleitung, was beim Ausfüllen zu beachten ist. Wer die Anmeldung nicht selbst vornehmen möchte, kann die Unterstützung der Verbraucherzentrale Sachsen in Anspruch nehmen. 

Wie rechtfertigt Amazon seine Einführung von Werbung bei Prime Video?

Amazon argumentiert, dass es auf diese Weise möglich sei, "weiterhin in attraktive Inhalte zu investieren und diese Investitionen über einen langen Zeitraum weiter zu steigern".

Jörg Schieb, WDR-Digitalexperte | Bildquelle: WDR

WDR-Digitalexperte Jörg Schieb sieht das ein wenig anders: "In Wahrheit stagnieren die Umsatzzahlen und der Wettbewerb wird härter. Wer mit Eigenproduktionen punkten will, braucht Kapital, um die kostspieligen Produktionen bezahlen zu können", erklärte er im Februar zur Einführung des neuen Werbe-Modells.

"Es geht aber auch darum, all jene Kunden an das Unternehmen zu binden, denen ein Standardabonnement zu teuer ist", so Schieb. "Denn die Konkurrenz wird immer größer: Netflix und Amazon Prime Video sind schon lange am Markt, später kamen Disney+, Apple TV+, Joyn und einige weitere dazu."

Warum aber hat Amazon bei der Änderungs von seinen Prime-Abonnenten keine aktive Zustimmung eingeholt? Ein Sprecher des Unternehmens sagte dem WDR, man habe im Voraus transparent und im Einklang mit den rechtlichen Bestimmungen darüber informiert. Amazon biete eine werbefreie Option an. Kunden hätten das Recht, ihre Mitgliedschaft jederzeit zu kündigen.

Über dieses Thema haben wir am 23.05.2024 auch in den Hörfunknachrichten berichtet, unter anderem bei WDR 5.

Unsere Quellen:

  • Verbraucherzentrale Sachen
  • Bundesamt für Justiz
  • Verbraucherzentrale Bundesverband
  • Nachrichtenagenturen dpa und AFP
  • Amazon
  • WDR-Digitalexperte Jörg Schieb