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Härte gegen politischen Protest: Massaker auf dem Tian'anmen

WDR Zeitzeichen 04.06.2024 14:49 Min. Verfügbar bis 05.06.2099 WDR 5

Es beginnt als Trauerfeier für einen beliebten Politiker, wird zum Massenprotest für gesellschaftliche Öffnungen - und endet im gewaltsamen Vorgehen des Militärs gegen das eigene Volk. Das Massaker auf dem Tian'anmen-Platz schockt die Welt.

Offiziell gibt es kein Gedenken an die Toten vom 4. Juni 1989. Gegen das kollektive Vergessen kämpfen die sogenannten Mütter des Tian’anmen Platzes. Sie bekommen zum Jahrestag regelmäßig Hausarrest verordnet. Aber die inzwischen meist über 80-jährigen Frauen geben nicht auf und fordern Aufklärung, warum ihre Kinder sterben mussten. *** Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner: Daniel Leese, Sinologe, Universität Freiburg, Jeremy Brown: June Fourth. The Tiananmen protests and Beijing massacre of 1989. Cambridge 2021***

Mitte Mai besucht Michael Gorbatschow China. Die Parteiführung hätten den Mann, der in Osteuropa mit den Begriffen Perestroika und Glasnost eine Lawine losgetreten hat, gerne auf dem Platz des Himmlischen Friedens empfangen. Doch der Tian’anmen, auf dem Mao einst die Volksrepublik China ausgerufen hat, ist seit Wochen von Demonstrierenden besetzt. Vor allem Studierende fordern mehr politische Mitbestimmung, Freiheit und Gerechtigkeit, Hunderte von ihnen sind inzwischen in einen Hungerstreik getreten.

Die westlichen Medien, die eigentlich über Gorbatschows Besuch berichten wollten, tragen nun die Bilder der Demonstranten in die Welt. Die chinesische Parteispitze wird nervöser und ringt mit ihrer Haltung. Tolerieren oder eingreifen? Das Staatsfernsehen strahlt sogar ein Treffen zwischen Ministerpräsident Li Peng und Studierenden aus.

Doch aller Protest, alle internationale Aufmerksamkeit sind am Ende vergebens. In der Nacht auf den 4. Juni 1989 rollen die Panzer durch die Pekinger Innenstadt. "Unter den Toten und Verletzten sind überwiegend Studenten, aber auch Frauen und Kinder und Greise", berichtet die Tagesschau. Schätzungen zufolge sterben bei der Militäraktion rund 3.000 Menschen.

In der Folge öffnet sich China wirtschaftlich, steigt zur weltweiten Exportnation auf. Die nach dem Massaker vom Westen initiierten Sanktionen versanden angesichts der wirtschaftlichen Gewinnaussichten in China. Die Parteispitze selbst tabuisiert die Ereignisse vom 4. Juni 1989 bis heute. Kein chinesisches Schulbuch berichtet darüber, Gedenkfeiern sind streng verboten.

In diesem Zeitzeichen erzählt Almut Finck:
  • was man heute über den Mann weiß, der sich am Tag nach dem Massaker den Panzern in den Weg gestellt hat.
  • warum China in den 1980er Jahren, ein Jahrzehnt nach Maos Tod, noch immer mit seiner politischen Neuausrichtung ringt,
  • wie aus dem Trauermarsch für einen beliebten Politiker eine Großdemonstration wird,
  • über die symbolische Bedeutung vom "Tian'anmen", dem Platz des Himmlischen Friedens,
  • wie der ehemalige Studentenführer Wu’er Kaixi heute im Exil lebt und auf die Proteste blickt.

Das sind unsere wichtigsten Quellen und Interviewpartner:
  • Daniel Leese, Sinologe, Universität Freiburg
  • Jeremy Brown: June Fourth. The Tiananmen protests and Beijing massacre of 1989. Cambridge 2021
  • Daniel Leesel: Maos langer Schatten. Chinas Umgang mit der Vergangenheit. München 2020
  • Luisa Lim, Luisa: The People’s republic of Amnesia. Tiananmen Revisited. Oxford 2014
  • Liao Yiwu: Die Kugel und das Opium. Leben und Tod am Platz des Himmlischen Friedens. Frankfurt/M. 2012

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Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autor: Almut Finck
Redaktion: Frank Zirpins
Technik: Annette Skrzydlo