Dort sollte ihm wegen Urkundenfälschung ein auf fünf Tage angesetzter Prozess gemacht werden. Doch der erste Verhandlungstag am Montag (22.02.2021) dauerte nur zwei Stunden. Dann vertagte das Gericht laut der Nachrichtenagentur AP den Prozess auf unbestimmte Zeit, weil der Mit-Angeklagte Hamad al-Haroun ohne Rechtsbeistand erschienen war.
Al-Sabah und vier weiteren Angeklagten wird vorgeworfen, ein Schiedsgerichtsverfahren in der Schweiz erfunden sowie Dokumente gefälscht zu haben. Das Ziel Al-Sabahs war es laut Anklageschrift, seine Position in Kuwait zu verbessern. In dem Emirat beschuldigte er führende Politiker, darunter seinen Cousin und ehemaligen Premierminister Scheich Nasser Al-Sabah sowie den Sprecher des Parlaments Jassem Al-Kharafi, des politischen Umsturzversuchs.
Al-Sabah - der skandalerprobte Multifunktionär
Die Vorwürfe sind komplex und haben Elemente eines Krimis mit einschneidenden Auswirkungen auf die Sportwelt. Denn Al-Sabah ist ein Multifunktionär, der seit Jahren an entscheidenden Stellen im Sport wirkt und skandalerprobt ist. 2017 trat er von seinem Posten als Vorstand des Fußball-Weltverbandes FIFA zurück. Kurz davor wurden Gerichtsdokumente in den USA veröffentlicht. Diese lassen darauf schließen, dass Al-Sabah Teil eines Bestechungsnetzwerks war. Richard Lai, Präsident des Fußballverbands von Guam hatte vor den US-Behörden eingeräumt, knapp eine Million Dollar an Bestechungsgeld erhalten zu haben. Al-Sabah weist die Vorwürfe zurück.
Rücktritt von FIFA-Amt, IOC-Mitgliedschaft ruht
Seit der Anklage durch die Schweizer Staatsanwaltschaft im November 2018 lässt das Mitglied der kuwaitischen Königsfamilie weitere Posten ruhen. Der 57-Jährige hat sich als IOC-Mitglied "selbst suspendiert". Beim elitären Ringezirkel verwaltete er die millionenschweren Geldtöpfe der Olympic Solidarity. Gut eine halbe Milliarde Euro fließen über die Kommission in unterschiedliche Kanäle des Sport. Außerdem lässt der Kuwaiti sein Amt als Präsident der ANOC, der Vereinigung aller 206 Nationalen Olympischen Komitees, weltweit ruhen.
Einzig die Position als Boss des Olympic Council of Asia (OCA), der Vereinigung aller asiatischer Olympischer Komitees, nimmt Al-Sabah noch wahr. Den Posten übernahm er von seinem Vater. Dieser starb 1990 im ersten Golfkrieg beim Einmarsch irakischer Truppen. Das Todesurteil gegen den irakischen Machthaber Saddam Hussein hängt noch heute im Büro des Scheichs. Al-Sabah hat es sich besorgt, genauso wie den Füllfederhalter des Richters, der es unterzeichnet hat.
Spezialität: Vergaben von Sportveranstaltungen und Wahlen
Als OCA-Präsident vergab er noch im Dezember bei einem seiner selten gewordenen Auftritte die Asian Games 2030 an Doha und 2034 an die saudi-arabische Hauptstadt Riad. Eigentlich hatten sich die politischen Rivalen beide um die Spiele 2030 beworben.
Vergaben von großen Sportveranstaltungen und Wahlen von Spitzenfunktionären sind eine Spezialität des Scheichs, der als aggressiver Stimmendealer gilt. Lange Zeit gewannen immer seine Favoriten, ob Tokio mit den Olympischen Spielen 2020, Peking mit den Olympischen Winterspielen 2022 oder Buenos Aires bei der Wahl der Jugendspiele 2018. Damals kannte Al-Sabah das Ergebnis schon, bevor überhaupt gewählt wurde. Er hatte die spätere Stimmenverteilung auf einem Blatt Papier vorhergesagt und Journalisten vertraulich präsentiert.
Al-Sabah hilft Bach auf den IOC-Thron
Der Scheich half auch dabei, Thomas Bach 2013 auf den IOC-Thron zu hieven. Schon ein halbes Jahr vor der Präsidentenwahl in Buenos Aires erklärte Al-Sabah gegenüber der WDR-Sendung Sport inside, für Bach zu stimmen und alles zu tun, damit er gewinne.
Die frühe öffentliche Parteinahme für Bach war ein Verstoß gegen die IOC-Ethikregeln. Al-Sabah sagte damals, es gebe seit zwölf Jahren eine Verabredung mit Bach und "wir werden diese Verabredung erfüllen und hoffen, dass die anderen das verstehen. Das ist meine persönliche Meinung und ich habe sie bereits allen mitgeteilt. Ich denke die Leute kennen meine Position bei dieser Wahl". Worin die Verabredung bestand, erklärte Al-Sabah nie. Bach setzte sich in der zweiten Wahlrunde gegen seine fünf Gegenkandidaten durch.
Fünf Jahre Haft drohen
Auch das Verfahren, das am Montag in der Schweiz beginnen sollte, hat seinen Ursprung im Jahr 2013. Denn Al-Sabah spielt nicht nur im Sport mit. Lange Zeit hatte er auch Ambitionen in der kuwaitischen Politik. So stand er ein Jahr als Generalsekretär der Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) vor und war schon Informations- und Energieminister sowie Chef des Geheimdienstes seines Landes.
2013 präsentierte er Videoaufnahmen, die einen geplanten Putsch dokumentieren sollten. In Kuwait hatten Ermittler Zweifel an der Echtheit der Aufnahmen. Um den Wahrheitsgehalt der Videos zu belegen, habe Scheich Ahmad 2014 ein Schiedsgerichtsverfahren in der Schweiz inszeniert, so hält es die Anklage fest. Den Schiedsspruch ließ Al-Sabah dann später beim High Court in London international anerkennen. Damit habe sich Al-Sabah der Urkundenfälschung schuldig gemacht, so die Ermittler.
Auf Sportschau-Anfrage erklärten die Anwälte Al-Sabahs, dass der Scheich fest entschlossen sei, "einen vollständigen Freispruch zu erwirken" und zuversichtlich sei "was den positiven Ausgang des Verfahrens angeht". 2015 musste sich Al-Sabah im kuwaitischen Fernsehen für seine Anschuldigungen entschuldigen, ein kuwaitisches Gericht sprach ihn letztlich frei. Sollte Al-Sabah in der Schweiz verurteilt werden, drohen ihm bis zu fünf Jahre Haft.