Zum Rücktritt vom Präsidentenamt des deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) raten Vertreter aus Sport, Politik und Zivilgesellschaft Alfons Hörmann, falls er bei den bevorstehenden bayerischen Kommunalwahlen (15.03.20) für die CSU zum Landrat des Landkreises Oberallgäu gewählt wird. Seine Chancen gelten als sehr gut, denn der Kreis ist bisher fest in CSU-Hand. Hauptgrund für die Bedenken an einem möglichen Doppelmandat sind Interessenkonflikte und zeitliche Probleme, die die Folge der Wahl des 59-Jährigen sein könnten.
Kritik von LobbyControl
"Es ist völlig klar, dass ein DOSB-Präsident parteipolitisch neutral agieren muss. Inwieweit das möglich ist, wenn man mit dem Parteibuch der CSU auch noch Landrat ist? Diese Frage muss man schon stellen", sagt André Hahn, sportpolitischer Sprecher der Linken im Bundestag gegenüber der WDR-Sendung Sport inside. Und natürlich müsse ein DOSB-Präsident im Zweifel auch im Interesse des Sports die Bundesregierung kritisieren können oder bestimmte Forderungen stellen. Hahn: "Ob das dann stattfindet gegenüber einem CSU-Innenminister und einem CSU-Staatssekretär? Das darf bezweifelt werden. Und da genau liegt dann auch ein Problem, mit dem der Sport umgehen muss."
Ein Präsident zwischen zwei Stühlen? "Das wird nicht funktionieren und ich denke, das würde man auch schnell merken, wenn man nicht von sich aus auf das Amt verzichtet", so Hahn weiter. Für Timo Lange von der NGO LobbyControl sind derartige Ämterkonstellationen nichts Neues - und immer konfliktbehaftet. Deshalb sein Rat: "Herr Hörmann sollte sich entscheiden und als Präsident zurücktreten, wenn er Landrat werden möchte. Das ist ein fordernder Vollzeitjob."
Sport-Großveranstaltungen im Landkreis
Hörmann, der 2013 dem jetzigen IOC-Chef Thomas Bach ins Präsidentenamt nachfolgte und 2018 nach vielen Turbulenzen wiedergewählt wurde, kennt den Sport aus dem Effeff, ebenso wie die Kommunalpolitik. So war er bereits stellvertretender Bürgermeister in seiner Heimatgemeinde Sulzberg. Thomas Gehring, Grünen-Politiker und Abgeordneter im bayerischen Landtag, der seinen Wahlkreis im künftigen Betätigungsfeld des Landrats Hörmann hätte, arbeitete mit ihm zusammen. Er bestätigt ihm eine kollegiale Zusammenarbeit. Was aber nichts daran ändert, dass auch er Probleme auf Hörmann zukommen sieht.
Nicht zuletzt, weil der südlichste Landkreis Deutschlands unter sportlichem Aspekt ein besonderer Landkreis ist. Sportgroßveranstaltungen wie etwa die Vierschanzentournee oder nordische Weltcup-Events finden häufig rund um das Nebelhorn statt. Und nächstes Jahr steht die Nordische Ski-WM in Oberstdorf an. Deren Geschäfte führt eine GmbH, in der auch der Landrat sitzt. Wenn der aber nun gleichzeitig DOSB-Präsident ist, dann stelle sich die Frage: "Welchen Hut hat Hörmann gerade auf? Ich halte es deshalb für gut, wenn klare Verhältnisse herrschen", sagt Gehring gegenüber Sport inside. Genau diese Konstellation bewertet auch LobbyControl, die sich für Transparenz und für Aufklärung verdeckter Lobbyinteressen einsetzt, als "kritisch".
Hörmann sieht keinen Interessenkonflikt
Alfons Hörmann lehnte Interviewanfragen von Sport inside ab, zuletzt auf dem politischen Aschermittwoch in Kempten. Lediglich die Frage nach Bedenken wegen möglichen Interessenkonflikten verneinte er. Der Deutsche Olympische Sportbund reagierte auf Fragen zu einem Umgang mit dem möglichen Doppelmandat seines Präsidenten - allerdings nicht mit Antworten sondern mit einem Schreiben eines prominenten Medienanwaltes. DOSB-Präsident sei ein unbezahltes Ehrenamt heißt es darin, das "regelmäßig parallel zu einer beruflichen Tätigkeit ausgeübt wird".
Tatsächlich aber wurde ein politisches Vollzeit-Amt noch nie von einem DOSB-Präsidenten ausgeübt, der Chef von 84 Sportfachverbänden, 16 Landessportbünden und oberster Repräsentant des deutschen Sports ist. Clemens Prokop, ehemaliger Präsident des Deutschen Leichtathletikverbandes und Leitender Staatsanwalt in Regensburg, hat sich damit intensiv auseinandergesetzt. Ihm hatten Mitgliedsverbände vor zwei Jahren eine Kandidatur vorgeschlagen: "Wenn Herr Hörmann als Landrat gewählt wird und dann irgendwann feststellen sollte, dass die zeitliche Vereinbarkeit der Ämter Landrat und DOSB-Präsident nicht möglich ist, dann hoffe ich, dass er die Konsequenzen zieht und das Amt des DOSB-Präsidenten aufgibt", sagt Prokop.
Hörmann dagegen gibt sich sicher, dass er den Spagat hinbekommt, kündigte aber auf seinem Facebook-Auftritt am 4. März an: "Wenn ich feststellen würde, dass das dauerhaft nicht funktioniert – im Moment bin ich bis 2022 gewählt – dann weiß ich, was ich zu tun habe." Die letzte Konsequenz für ihn wäre dann: Abschied vom DOSB-Präsidentenamt. Auf den deutschen Sport könnte schneller als gedacht eine neue Kandidatensuche zukommen.