NRW-Programm gegen Rechtsextremismus

"Den braunen Sumpf trocken legen"

Stand: 22.12.2011, 14:12 Uhr

Innenminister Ralf Jäger (SPD) will den Kampf gegen den Rechtsextremismus verschärfen. Dem Landtag stellte er am Donnerstag (22.12.2011) ein Acht-Punkte-Programm gegen den rechten Terror vor. Selbst die Opposition war halbwegs überzeugt.

"Wir werden massiv und systematisch gegen die Neonazi-Netzwerke vorgehen, um gefährliche Entwicklungen im Keim zu ersticken", sagte Innenminister Ralf Jäger (SPD) im Parlament in Düsseldorf. Fünf Wochen nach dem Bekanntwerden der Morde der Thüringer Terrorzelle hat Jäger sein Acht-Punkte-Programm gegen Rechtsextremismus präsentiert: "Es gilt, das Übel an der Wurzel zu packen und den braunen Sumpf mit allen rechtlich möglichen Mitteln trocken zu legen."

Neues Kompetenzzentrum beim Landeskriminalamt

"Wir müssen intolerant gegenüber Intoleranz werden", so Jäger | Bildquelle: dpa

Jäger will unter anderem im Landeskriminalamt ein Kompetenzzentrum gegen Rechtsextremismus einrichten, "das landesweit alle Informationen zum Rechtsextremismus zusammenführt und bewertet". In besonderen Fällen soll das Zentrum dann zentral die Ermittlungen übernehmen. "In den vier Polizeibehörden Dortmund, Aachen, Wuppertal und Köln, wo es Brennpunkte rechtsmotivierter Kriminalität gibt, werden Sonderkommissionen eingerichtet", sagte Jäger. 35 zusätzliche Ermittler sollen gegen Neonazis vorgehen.

Auch die Überwachung soll verstärkt werden: "Mein Ziel ist es, alle Personen der rechtsextremistischen Szene konsequent aus der Anonymität zu holen", erklärt Jäger. Deshalb kämen neben den Organisationen auch einzelne Aktivisten nun verstärkt ins Visier: "Wir beobachten nicht nur die Kameradschaften, sondern auch deren Kameraden."

Auch das Waffengesetz soll geändert werden

Zudem soll der Ermittlungsdruck erhöht und Erkenntnisse über jeden einzelnen Rechtsextremisten an einer Stelle gebündelt werden. Rechtsextremisten sollen nicht mehr legal an Waffen kommen. Dazu will Jäger im Bundesrat auf eine Änderung des Waffengesetzes drängen. Darüberhinaus will Jäger die Aufklärung und Vorbeugung bei Kindern und Jugendlichen verstärken. Auch die Angebote, aus der rechten Szene auszusteigen, sollen ausgebaut werden. Dazu werde das bestehende Aussteigerprogramm des Landesverfassungsschutzes ausgeweitet und mehr Aussteigerbetreuer eingesetzt.

In der polizeilichen Kriminalstatistik sollen in NRW zukünftig alle Delikte von Rechtsextremisten ausgewiesen werden. "Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um eine Volksverhetzung oder einen Ladendiebstahl handelt", sagte Jäger. Man wolle sich in Zukunft nicht mehr an der Tat sondern an dem Täter orientieren. "Wir haben Fälle, in denen Täter rechtsgerichtete Plakate kleben, eigentlich eine Ordnungswidrigkeit, die wird aber in Zukunft auch aufgenommen." Straftaten rechtsextremistischer Gewalttäter dürften statistisch nicht mehr unter den Tisch fallen.

Biesenbach: "Nichts anderes als Absichtserklärungen"

Robert Orth kritisiert die neue Erfassungsmethode | Bildquelle: dpa

Bei der Opposition stießen Jägers Pläne zwar nicht auf Begeisterung, aber viele der vorgeschlagenen Maßnahmen wurden doch positiv aufgenommen. So begrüßte die CDU das Kompetenzzentrum und den Ausbau der präventiven Maßnahmen "als vernünftig und richtig". Der CDU-Fraktionsvize Peter Biesenbach forderte jedoch weniger Absichtserklärungen und mehr konkrete Maßnahmen. Jägers Plan, alle Delikte mit rechtsextremistischen Hintergrund in der Kriminalstatistik ausweisen zu lassen, stieß bei der FDP auf Kritik - Robert Orth sieht dort ein Definitionsproblem: "Statistische Erfassung rechtsextremer Straftäter - wollen Sie da zu einem Gesinnungsstrafrecht kommen? Es ist gefährlich eine solche Klassifizierung vorzunehmen!"

"Es fehlte in der Vergangenheit nicht an den Befugnissen, es fehlte am Willen", bemängelt Anna Conrads von der Linkspartei. Die Rolle des Verfassungsschutzes und der V-Leute müsse geklärt, Kosten, Arbeitsweise und Kontrollsystem öffentlich gemacht werden. Da greife Jägers Plan zu kurz. Statt neuer Datensammlungen solle NRW in der Neonazi-Szene seine "V-Leute abschalten", forderte Conrads. Ihre Partei begrüße aber grundsätzlich die Maßnahmen und werde den Plan konstruktiv begleiten. Jägers Acht-Punkte-Programm wandert nun erst mal in die Ausschüsse.