1961-1976

Klaus von Bismarck

"Wenn ich versuche, die wesentlichen Veränderungen zu fixieren, die sich seit 1961 vollzogen haben, so beherrschen drei wichtige Faktoren die Szene: 1. der Ausbau des Fernsehens; 2. die zunehmende Politisierung und Polarisierung der politischen Umwelt; 3. die Bestrebungen der Mitarbeiter nach mehr Mitwirkung und Mitbestimmung." - Klaus von Bismarck, 1973.

Von 1961 bis 1976 Intendant des WDR | Bildquelle: wdr

Der Urgroßneffe des "Eisernen Kanzlers" wurde 1912 in Jarchlin, einem Dorf im hinterpommerschen Landkreis Naugard, geboren und war der älteste unter sechs Geschwistern. Er machte 1931 am humanistischen Gymnasium in Bad Doberan das Abitur und absolvierte danach eine Landwirtschaftslehre, an die sich eine kurze Tätigkeit als "Zweiter Beamter" auf einem benachbarten Gutshof anschloss. 1934 begann er seine militärische Ausbildung zum Reserveoffizier, wurde 1936 zum Leutnant befördert und blieb danach zwei weitere Jahre als Offizier in Kolberg. Während des Kriegs stieg Klaus von Bismarck zum Regimentskommandanten auf, wurde mehrfach verwundet und noch Ende 1944 mit dem Eichenlaub zum Ritterkreuz ausgezeichnet. Er hatte Kontakte zu den Offizieren des 20. Juli 1944, schloss sich aber dem Umsturzversuch nicht an, weil er an einem Erfolg des Unternehmens zweifelte .

Im Herbst 1945 wurde dem damals 33-Jährigen die Leitung des Jugendamts des Landkreises Herford angeboten. Trotz fehlender Vorkenntnisse galt er einige Monate später bereits als Experte für Jugendfragen und wurde mit der Leitung des Jugendhofs Vlotho betraut, woraus sich vielfältige Beziehungen, unter anderem auch zu den beiden christlichen Kirchen ergaben. 1949 erhielt er den Auftrag, die Leitung des neue gegründeten Sozialamts der Evangelischen Kirche zu übernehmen und erfüllte diese Aufgabe 12 Jahre lang.

1960 wurden ihm etwa gleichzeitig die Ämter des hauptamtlichen Präsidenten dieser evangelischen Laienorganisation und des Intendanten des WDR angeboten. Er entschied sich für das stärker politisch geprägte Amt, das er, parteipolitisch nicht gebunden, als persönliche Herausforderung empfand. Als in jeder Hinsicht unabhängig verstand er sich auch im Amt des WDR-Intendanten, in das ihn der Verwaltungsrat am 17. Dezember 1960 einstimmig wählte.

Während seiner Amtszeit konzentrierte sich Klaus von Bismarck auf den Ausbau des Fernsehens, auf eine stärkere innerbetriebliche Beteiligung und die Eindämmung des politischen Einflusses innerhalb des Westdeutschen Rundfunks. Während seiner 15-jährigen Amtszeit stieg die Zahl der Festangestellten von knapp 2.000 auf fast das Doppelte. Dank der während seiner Amtszeit verabschiedeten Beteiligungsordnung, die die Zusammenarbeit mit dem Personalrat regelt, gelang es über viele Jahrzehnte hinweg, Konfliktsituationen konstruktiv zu begegnen. Als schwieriger erwies es sich allerdings, ein Verfahren zur Lösung von Streitfällen in Programmfragen zu vereinbaren.

Das größte Problemfeld für den Intendanten von Bismarck resultierte jedoch ohne Zweifel aus seiner Überzeugung, dem Begehren der politischen Parteien, auf das Programm und die personelle Besetzung des Senders stärker Einfluss auszuüben, begegnen zu müssen. Er hat sich bemüht, das von seinem Vorgänger Hartmann geprägte liberale Profil des WDR zu erhalten. Schließlich veranlasste ihn die zunehmende Einflussnahme der Parteien dazu, auf die Kandidatur für eine vierte Amtszeit zu verzichten.

Drei weitere Interessen- und Arbeitsfelder bezeichnete von Bismarck als wichtig für ihn: Ökumene - Osteuropa - Dritte Welt. So war es nur konsequent, dass er ein Jahr nach seinem Ausscheiden aus dem WDR, damals schon 65 Jahre alt, nicht zögerte, das Amt des Präsidenten des Goethe-Instituts zu übernehmen. Klaus von Bismarck hat dieses Amt noch 12 Jahre innegehabt und ist am 22. Mai 1997 in Hamburg gestorben.

Text (in gekürzter Fassung): Klaus Katz
Quelle: Am Puls der Zeit. 50 Jahre WDR, Band 2: Der Sender: Weltweit nah dran 1956-1985, Köln: Kiepenheuer & Witsch, 2006.