Mit Ernst Hardt stellte die WERAG in Köln nicht nur einen Fachmann für eine prospektive Sparte des Rundfunkprogramms ein: die Sendespiele. Der künstlerisch erfolgreiche Theaterintendant hatte sich in Weimar auch als geschickter Organisator erwiesen, als er das ehemalige Hoftheater unter schwierigsten räumlichen und finanziellen Bedingungen als Deutsches Nationaltheater in die Republik führte.
"In der Art geblieben wie aus der Art geschlagen", so charakterisierte Hardt sich selbst. Am 9. Mai 1876 geboren, entstammte er einem gutbürgerlichen ostpreußischen Milieu mit hugenottischem Einschlag. Durch den frühen Tod seines Vaters verarmt, schickte die Mutter ihn in eine Kadettenanstalt. Obwohl er die Ausbildung wegen der strengen Erziehung abbrach, sollte diese "preußische" Grundlage für sein ganzes Leben prägend bleiben.
Botho Graef, Archäologe und einer der wichtigsten Vermittler und Förderer moderner Kunst um die Jahrhundertwende, ermunterte ihn, Schriftsteller zu werden. Es folgten 13 Jahre höchster Produktivität und 1908 schaffte Hardt endlich mit der Uraufführung seines Dramas "Tantris der Narr" seinen Durchbruch. Der große Erfolg des Stücks, das mit mehreren Preisen ausgezeichnet wurde, befreite ihn für einige Zeit aus großer finanzieller Not - allerdings war er danach vor allem auf der Suche nach einer angemessenen Position mit einem regelmäßigen Einkommen.
Der erste Weltkrieg galt Hardt als "Lügenmetze Politik". Er teilte zwar den Irrtum seiner Mitbürger, der Krieg sei den Deutschen aufgezwungen worden, jedoch nicht ihren Hass auf die Kriegsgegner. Aus Gesundheitsgründen vom Dienst mit der Waffe verschont, arbeitete er zunächst als ehrenamtlicher Zivildolmetscher und schrieb später für den Generalstab Berichte über die Lage in Frankreich. Der Erschütterung durch den Krieg verdankte er einen kurzen Ausflug in die Politik. Er war Gründungsmitglied der Deutschen Demokratischen Partei in Thüringen, die er jedoch bald wieder verließ.
Um die Jahreswende 1918/19 bekam Hardt endlich die ersehnte feste Stellung, die Leitung des Weimarer Landestheaters, das er in "Deutsches Nationaltheater" in Weimar umtaufte. Gemeinsam mit Walter Gropius, der im Frühjahr 1919 zum Leiter des "Staatlichen Bauhauses in Weimar" berufen wurde, wollte er im weltbekannten Weimar aus der Spannung von Tradition und Moderne den "Grundstein einer Republik der Geister" legen. Finanzielle Probleme durch die Inflation, Kritik an seinem wortzentrierten Inszenierungsstil und nicht zuletzt die Abwahl der ihm gewogenen sozialdemokratischen Regierung Thüringens im Februar 1924 bewegten Hardt dazu, Weimar den Rücken zu kehren.
Im Spätsommer 1925 übernahm Hardt die Intendanz des Kölner Stadttheaters, allerdings zu einem äußerst unglücklichen Zeitpunkt. Die Bildung eines künstlerisch akzeptablen Ensembles war nicht möglich, der Spielplan war ungeschickt geplant und eigene Inszenierungen waren weniger erfolgreich. Zu einem formalen Vertrag mit der Stadtverwaltung war es nicht gekommen. Der Oberbürgermeister Konrad Adenauer empfahl ihn schließlich für das Amt des Künstlerischen Leiters und Vorstands der Westdeutschen Rundfunk AG.
Obwohl Hardt keine Erfahrung darin hatte, Rundfunk zu machen, erkannte er das Potenzial dieses Mediums, denn nur wenige Monate später pries er das Radio als eine Jahrhunderterfindung, die geeignet sei, die Welt zu verändern. Für Hardt war das Radio das Medium, um die anstehenden gesellschaftlichen Probleme zu lösen. In der Arbeiterbildung sah er die vornehmste Aufgabe des Rundfunks.
Folglich stand für ihn die publizistische Funktion nicht im Vordergrund. Mit der Zensur fand er sich ab, ja, er verteidigte sie sogar als notwendige "Redaktionsanweisung". Am Ende hoffte er, dass sich unter dem Schutz der Zensur allmählich jene Toleranz herausbilden werde, welche sie selbst überflüssig werden lasse.
Die Nationalsozialisten belehrten ihn sehr rasch eines Schlechteren. Schon im März 1933 wurde ihm gekündigt, ab April wurden seine Bezüge gesperrt. Hardts Bücher wurden verbrannt, und im September wurde er vorübergehend sogar verhaftet. Obwohl später rehabilitiert, überlebte er das "Dritte Reich" in bitterer Armut. Nach dem Krieg hinderte ihn seine angegriffene Gesundheit, einen ihm angebotenen Posten im neu entstehenden deutschen Rundfunk zu übernehmen. Er starb am 3. Januar 1947 in Ichenhausen (Schwaben).
Text (in gekürzter Fassung): Renate Mohl
Quelle: Am Puls der Zeit. 50 Jahre WDR, Band 1. Die Vorläufer 1924-1955, Köln: Kiepenheuer & Witsch, 2006.