Er ist am 13. April 1963 geboren und ziemlich abergläubisch: Wenn der russische Schachprofi Garry Kasparow spielt, muss seine Mutter bei den Wettkämpfen immer in Reihe 13 auf Platz 13 sitzen. Clara Kasparowa hat schon früh das außergewöhnliche Schachtalent ihres damals sechsjährigen Sohnes erkannt und systematisch gefördert. "Ich glaube nicht, dass das Schachspiel mir viele Opfer abverlangt hat, außer vielleicht in meiner Kindheit, die ich nicht so sehr auskosten konnte", sagt Garry später. Mit zwölf Jahren gewinnt er die sowjetische Juniorenmeisterschaft, mit 16 wird er Großmeister. Mit 22 Jahren sitzt Garry Kasparow schließlich im vornehmen Tschaikowsky-Saal in Moskau und kämpft um den Weltmeister-Titel.
Am 9. November 1985 schlägt Garry Kasparow seinen Landsmann Anatoli Karpow und wird der 13. Schach-Weltmeister - der bisher jüngste aller Zeiten. Die beiden Kontrahenten symbolisieren die beiden Lager im Kalten Krieg: Kasparow, der oppositionelle Schach-Star aus Baku rebelliert gegen den Vertreter des kommunistischen Systems Karpow. "Das Schachbrett ist ein Schlachtfeld in Miniaturausführung, auf dem zwei intelligente Individuen miteinander kämpfen", erklärt Kasparow. "Jeder hat einen eigenen Stil, der sich auf dem Schachbrett ablesen lässt. Mein Stil ist aggressiv, ich bin eine Kämpfernatur." Lange hält er sich unangefochten an der Spitze. Dann muss er eine empfindliche Niederlage einstecken: Im Mai 1997 verliert der Weltmeister gegen den Schachcomputer "Deep Blue". Kasparow ist außer sich und wirft den Spezialisten des Computerkonzerns IBM üble Machenschaften vor. Drei Jahre später muss er seinen WM-Titel gegen den zwölf Jahre jüngeren Wladimir Kramnik verteidigen. Kramnik schlägt seinen Landsmann am 2. November 2000 und wird Weltmeister. Nach 15 Jahren ist Garry Kasparow entthront. Im März 2005 erklärt er seinen endgültigen Rücktritt vom Schachsport.
Doch Kasparow kämpft weiter - auf der politischen Bühne. Er wird inzwischen von Bodyguards begleitet. Im April 2005 schlägt ihm ein Mann ein Schachbrett auf den Kopf, im Mai wird er von der Polizei bei einer Demonstration festgenommen. Sein aktueller Gegner ist Wladimir Putin, der russische Präsident. Kasparow ist Mitbegründer des "Komitee 2008" und will Putin bei der nächsten Präsidentschaftswahl in Russland mit einer Allianz demokratischer Kräfte zu Fall bringen. "Sobald ich einmal zu kämpfen begonnen habe, muss ich gewinnen", sagt Kasparow - über sein Schachspiel.
Stand: 09.11.05