Stichtag

28. November 1954 - Todestag von Enrico Fermi

"Fermi war nicht nur einer der bedeutendsten Kernphysiker des 20. Jahrhunderts, er war Allround-Wissenschaftler. Groß war er praktisch auf allen Gebieten der Physik. Er schob Details einfach beiseite, in denen andere stecken geblieben wären", sagt der US-amerikanische Physiker George Weil über den italienischen Physiker Enrico Fermi.

Italiens jüngster Physik-Professor

1901 in eine römische Bürgerfamilie geboren, zeigt der Junge schnell sein Ausnahmetalent, überspringt eine Klasse und wechselt für das Physik-Studium mit 17 Jahren auf Italiens Eliteuniversität in Pisa. Seinem Professor und den Mitstudenten kann er bereits die Atomtheorie erklären. Mit 20 Jahren wird ihm der Doktortitel verliehen und sechs Jahre später wird er Italiens jüngster Physikprofessor.

Physiker aus aller Welt pilgern nach Rom. Seine Mitarbeiter nennen ihn Papst, so unfehlbar scheint Fermi. "Nach etwas gefragt, begann er auf der Tafel oben links, schrieb eine Zeile nach der andern, und irgendwann, vielleicht unten rechts oder auch vorher, hatte er die Antwort und machte ein Kästchen drumherum. Und die Antwort war immer richtig", erinnert sich der US-Physiker Murray Gell-Mann.

Flucht in die USA

Auch im Privatleben will Enrico Fermi anführen. "Er musste immer als Erster einen Berggipfel erreichen; er musste entscheiden, was wir unternahmen und er behauptete immer, am weitesten sehen zu können; er sah Vögel, die sonst niemand von uns sah", sagt Laura Fermi, die er 1928 in Rom geheiratet hatte.

In der Physik-Forschung kombiniert Fermi geradezu artistisch aktuelle Erkenntnisse mit seinem riesigen Wissensschatz zu neuen Theorien. Ab 1934 experimentiert er mit Neutronen und produziert mit ihnen künstliche Radioaktivität. Dafür erhält Fermi den Nobelpreis für Physik und nutzt ihn 1938 zur Flucht in die USA. Denn Mussolinis Rassegesetze bedrohen seine jüdische Frau Laura.

Fermi ist vom Nutzen der Kernenergie überzeugt

Während Fermis Überfahrt nach New York spalten Otto Hahn und Fritz Straßmann in Berlin Uran mit Neutronen. Atomreaktoren und die Atombombe scheinen erstmals möglich. Die USA wollen schneller sein als Hitler, viele europäische Emigranten kommen in der Forschung unter. Enrico Fermi arbeitet in einer schwarzen Struktur aus Grafit und Uran unter der Tribüne eines Football-Stadiums mitten in Chicago. Es ist der weltweit erste, noch primitive Kernreaktor und dort gelingt ihm am 2. Dezember 1942 die erste kritische Kettenreaktion. "Das Experiment in diesem Raum wäre einem zufälligen Beobachter völlig unspektakulär erschienen. Er hätte eine große schwarze Struktur gesehen und etliche Menschen, die Instrumente ablesen und Messwerte aufschreiben. Er hätte wohl nicht einmal Anzeichen von Anspannung in ihren Gesichtern bemerkt", sagt Fermi, inzwischen der Neutronen-Papst genannt. In Los Alamos entwickelt er die Atombombe mit.

Den Einsatz der Bombe allerdings und den Bau der Wasserstoffbombe nach Kriegsende lehnt er ab. Vom Nutzen der Kernspaltung für Nuklearmedizin und Kernenergie bleibt Fermi jedoch weiter überzeugt. Er stirbt am 28. November 1954 an Magenkrebs.

Stand: 28.11.2014

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