Stichtag

8. August 1969 - Ermordung der Filmschauspielerin Sharon Tate

Bel Air, das Filmstar-Viertel von Los Angeles, am Morgen des 9. August 1969: Von einer Haushälterin alarmiert, jagen Polizeiwagen zu einer Villa am Cielo Drive. Jeder Beamte kennt sie als Treffpunkt der Hollywood-High-Society und Schauplatz ausschweifender Partys. Es ist die Villa von Regisseur Roman Polanski und seiner 26-jährigen Ehefrau Sharon Tate.

An diesem Morgen liegt die hochschwangere Schauspielerin tot in ihrer Villa, grausam verstümmelt, mit Stichwunden übersät und einer Nylonschnur um den Hals. Vier weitere Leichen entdecken die Polizisten, alle auf ähnliche Weise mit Stich- und Schusswaffen zu Tode gefoltert. Von den Tätern findet sich keine Spur, nur das Wort "PIG" (SCHWEIN) an der Tür, hingeschmiert mit Sharon Tates Blut.

Traumpaar der Swinging Sixties

Ganz Amerika reagiert fassungslos auf die ebenso bestialischen wie rätselhaften Morde. Sharon Tate, das blonde Model aus Texas, war auf dem Sprung, Hollywoods neues Frauen-Idol zu werden. Medien feierten sie als "Today’s kind of Girl", als Mädchen von heute, "berstend vor Jugend, Schönheit, Leben und Hoffnung". Zwei Jahre zuvor hatte Tate in Polanskis Gruselkomödie "Tanz der Vampire" gespielt – und sich in ihren Regisseur verliebt. Für ihre nächste Rolle in dem Drama "Das Tal der Puppen" heimste sie sogar eine Golden-Globe-Nominierung ein.

Im Januar 1968 heiratet das Traumpaar der Swinging Sixties und richtet sich danach in Bel Air ein gemeinsames Zuhause ein. Sharon Tate wird schwanger, arbeitet aber zunächst wie ihr Mann weiter in Europa. Kurz vor der Niederkunft kehrt sie allein zurück nach Kalifornien. Polanski will in London noch ein Drehbuch beenden und rechtzeitig zur Geburt nachkommen. "Als wir uns verabschiedeten, schoss mir der Gedanke durch den Kopf, ich könnte sie nie wiedersehen", sagt Polanski später.

Mansons Wahn vom Rassenkrieg

Einen Tag später ereignen sich in der Nachbarschaft zwei weitere grauenhafte Morde. Wieder schmierten die Täter Parolen mit dem Blut ihrer Opfer an die Wände. Während die Polizei im Dunklen tappt, machen Klatschmedien die Opfer wegen ihres hedonistischen Starlebens mitverantwortlich für ihren Tod. Zeitweise gerät der verzweifelte Polanski sogar selbst in Verdacht. Erst mehrere Monate nach den Morden werden die Täter durch Zufall gefasst. Sie gehören der "Manson Family" an, einer bizarren Hippie-Kommune um den verkrachten Folkmusiker und hochkriminellen Sektenchef Charles Manson.

Die von ihm befohlenen Bluttaten in Bel Air sollten, so Mansons irrer Plan, einen apokalyptischen Rassenkrieg zwischen Schwarz und Weiß auslösen. Vor Gericht enthüllt Susan Atkins, die 21-jährige Mörderin von Sharon Tate, lachend und ohne jede Reue die grausigen Details der Tatnacht: "Ich hatte absolut kein Mitleid mit ihr, als sie um ihr Leben und das ihres Babys flehte." Am 29. März 1971 werden Manson und seine Killer-Family zum Tod verurteilt, entgehen aber durch eine Gesetzesänderung der Gaskammer. Ihre Strafe wird in lebenslange Haft umgewandelt. 2009 stirbt Atkins hinter Gittern an Krebs. Die anderen Verurteilten sitzen bis heute in Hochsicherheitsanstalten. Anträge auf Gnadenerlasse werden regelmäßig abgewiesen.

Stand: 08.08.2014

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