Stichtag

22. Mai 1813 - Richard Wagner wird geboren

Als Zwölfjähriger hört Adolf Hitler 1901 zum ersten Mal Richard Wagners Musik: die Oper "Lohengrin" im Stehparkett in Linz. "Mit einem Schlag war ich gefesselt", schreibt Hitler später. Als er die Wagner-Oper "Rienzi, der letzte der Tribunen" hört, kommt ihm "erstmals der Gedanke, auch so ein Volkstribun oder Politiker zu werden". In Wagners antisemitischer Schrift "Das Judentum in der Musik" kann Hitler lesen, wie der Komponist die "Verjudung der modernen Kunst" beklagt und behauptet, dass "der Jude an sich unfähig sei ... sich uns künstlerisch kundzugeben." Und Propagandaminister Joseph Goebbels ist sich sicher: "Was der Jude ist, hat uns Richard Wagner gelehrt."

Der Komponist, an dessen Musik und Menschenbild sich die Nazis so berauschen, wird am 22. Mai 1813 als jüngstes von neun Kindern in Leipzig geboren. Sein Vater, ein Polizeibeamter, stirbt im Oktober desselben Jahres. Seine Mutter heiratet bald darauf den Maler, Schauspieler und Hausfreund Ludwig Geyer. Durch ihn und vier seiner Geschwister, die ebenfalls Schauspieler werden, kommt Wagner früh mit dem Theater in Berührung. Gleichzeitig leidet er an Ängsten: "Keine Nacht verging bis in meine spätesten Knabenjahre, ohne dass ich aus irgendeinem Gespenstertraum mit fürchterlichem Geschrei erwachte." Die Bühne erscheint ihm als geschützter Raum, in dem Ängste und Träume Gestalt annehmen können, zugleich aber auch beherrschbar sind. Er entwirft mit "Leubald und Adelaide" ein Ritterdrama, in dem 42 Menschen sterben, aber als Geister wiederkommen.

Tragische germanische Helden

Die Aufführung des Stücks misslingt allerdings. Wagner meint auch zu wissen warum: Es fehlt die Musik. Deshalb nimmt er Unterricht und beginnt zu komponieren. An Heiligabend 1830 wird im Leipziger Theater mit einer B-Dur-Ouvertüre erstmals ein Werk von ihm aufgeführt. Die Zuhörer lachen allerdings über die sich oft wiederholenden Paukenschläge. Erst die Aufführung einer D-Moll-Ouvertüre zwei Jahre später wird Wagners erster Publikumserfolg. Wagner will da weitermachen, wo Ludwig van Beethoven mit seiner instrumentalen Neunten Symphonie aufgehört hat. Für Wagner führt der Weg aber weder zur herkömmlichen Oper noch zur gesungenen Symphonie. Er erfindet die Oper neu - aus dem Geist der griechischen Tragödie. Seine tragischen Helden stammen aus germanischen Mythen und Epen der mittelalterlichen Literatur.

Dazu gehören etwa der Sänger Tannhäuser, der sich in den künstlichen Lustparadiesen der Venusgrotte verliert; Siegmund, den es zum Inzest mit seiner Schwester treibt; Tristan, der in verbotener Liebe zu Isolde seinen König betrügt; und Göttervater Wotan, der in der Unterwelt dem Nibelungen Alberich den Ring abnehmen muss, mit dem dieser sonst die Weltherrschaft an sie reißen würde.

Eigenes Festspielhaus in Bayreuth

Erfolg hat Wagner mit vielen seiner Werke. Dazu gehören unter anderem "Der fliegende Holländer", "Tannhäuser und der Sängerkrieg auf der Wartburg" und "Tristan und Isolde". Besonders monumental geraten ist der Opern-Zyklus des "Ringes des Nibelungen". Er besteht aus den vier Teilen "Das Rheingold", "Die Walküre", "Siegfried" und "Götterdämmerung". Die Aufführung dauert insgesamt 16 Stunden und sprengt die Möglichkeiten des Opernbetriebs. Deshalb kreiert Wagner die Bayreuther Festspiele. Das von ihm dafür konzipierte Festspielhaus wird ab 1872 gebaut. Im August 1876 wird der gesamte "Ring" schließlich uraufgeführt.

1882 hat Wagners letzte Oper "Parsival" Premiere in Bayreuth. Kurz danach reist der wohl umstrittenste deutsche Komponist aus gesundheitlichen Gründen nach Venedig. Dort stirbt er am 13. Februar 1883 an einer Herzattacke. Fünf Tage später wird Wagner in Bayreuth beigesetzt.

Stand: 22.05.2013

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