Als kleiner Junge wird er wegen seines Familiennamens ins Exil getrieben: Charles Louis Napoleon Bonaparte ist ein Neffe von Napoleon I., der 1815 bei der Schlacht von Waterloo vernichtend geschlagen und von den Briten auf die englische Insel St. Helena verbannt wird. Auch der am 20. April 1808 in Paris geborene Louis Napoleon muss mit seiner Mutter Hortense de Beauharnais Frankreich verlassen.
Die beiden kommen in Deutschland und der Schweiz unter. Louis Napoleon hat eine komplizierte Schulzeit zwischen dem Augsburger Gymnasium im Winter und Hauslehrern auf Schloss Arenenberg am Schweizer Bodensee-Ufer im Sommer. Orientierung bieten ihm dabei die Schriften seines Patenonkels: Er studiert dessen politisches Testament und fühlt sich zur Wiedererrichtung des napoleonischen Kaisertums berufen.
1836 initiiert Louis Napoleon in Straßburg vergeblich einen Putsch gegen den französischen König Louis Philippe und wird gefangen genommen. Unter der Bedingung, ins amerikanische Exil zu gehen, kommt er jedoch frei. Schon bald darauf kehrt er aus den USA zurück und hält sich in London auf. Dort verfasst er sein Werk "Idées Napoléoniennes", in dem er sein Ziel einer "hierarchischen Demokratie" formuliert. 1840 scheitert ein zweiter Putschversuch in Boulogne und Louis Napoleon wird zu lebenslanger Haft auf der nordfranzösischen Festung Ham verurteilt. Dort schreibt er unter anderem eine sozialpolitische Schrift zur Bekämpfung der Massenarmut: "Die Vertilgung des Pauperismus". 1846 gelingt ihm die Flucht nach London.
Vom "Prinz-Präsident" zum Kaiser
Schließlich ermöglichen die Französische Revolution von 1848 und die Gründung der Zweiten Republik die Rückkehr Louis Napoleon nach Paris. Im Dezember desselben Jahres wird er mit 74 Prozent der Stimmen zum ersten Präsidenten Frankreichs gewählt. Schon bald nennt sich Louis Napoleon "Prinz-Präsident" - der nach seinem Staatsstreich von 1851 umfassende Regierungsvollmachten für sich beansprucht. Im Jahr darauf lässt er sich nach einem Plebiszit zum erblichen Kaiser der Franzosen ausrufen und nennt sich Napoleon III.; damit ist die Zweite Republik beendet und das Zweite Kaiserreich beginnt.
Napoleon katapultiert sein Land in den nächsten 17 Jahren in die Moderne. Paris wird zur Hauptstadt des 19. Jahrhunderts geformt: 90 Kilometer neue Straßen, 36 breite Verkehrsadern, 44.000 fünfstöckige Wohnhäuser, 30 Grünanlagen, drei Parks, 200.000 Straßenbäume, vier Krankenhäuser, zwölf Brücken, elf Friedhöfe. Die Bevölkerung von Paris wächst von einer Million auf zwei Millionen Einwohner. Frankreichs Landwirtschaftsproduktion steigt um 25 Prozent, das Schienennetz wird von 3.000 auf 20.000 Kilometer ausgebaut.
Von den Franzosen abgesetzt
Napoleon III. gelingt es zunächst, die Opposition mithilfe von Armee und Kirche klein zu halten. In den 1860er Jahren muss er wegen Wirtschaftskrisen den Forderungen nach mehr politischen Freiheiten jedoch schrittweise nachgeben. Das Kaiserreich wird allmählich halb-parlamentarisch. Die Pressefreiheit wird erweitert, das Streikrecht eingeführt und Gewerkschaften zugelassen. Zudem entstehen erste Renten- und Krankenkassen. Um seine Macht zu festigen, unternimmt Napoleon III. gleichzeitig Feldzüge in Italien und Mexiko oder beteiligt sich am Krimkrieg.
Während des Deutschen Krieges zwischen Österreich und Preußen bleibt Frankreich neutral. Napoleon erwartet vom preußischen Ministerpräsidenten Otto von Bismarck als Ausgleich für dessen Sieg über Österreich die Abtretung von Luxemburg und Belgien an Frankreich - ohne Erfolg. Schließlich reagiert der französische Kaiser mit einer Kriegserklärung an Preußen: Bismarck hatte ihn zuvor mit der Emser Depesche provoziert. Napoleon zieht als schwer kranker Mann unter Schmerzen in den Krieg und unterliegt bereits nach zwei Monaten. Bei Sedan lässt er sich gefangen nehmen. Zwei Tage später wird in Paris die Dritte Republik ausgerufen und seine Absetzung als Kaiser verkündet. Erneut im Londoner Exil stirbt Napoleon III. am 9. Januar 1873 bei einer Blasensteinoperation.
Stand: 20.04.2013
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