Stichtag

7. Januar 1943 - Nikola Tesla stirbt in New York

Seit Jahrzehnten wohnt Nikola Tesla als Dauergast in einem New Yorker Hotel. Der Techniker und Ingenieur hat das Zimmer 3327 im 33. Stock gemietet - weil die Zahlen durch drei teilbar sind, ebenso wie die Quersummen. Um jedes Haus, das er betritt, muss er drei Mal herumgehen. Nachdem das Schild "Do not disturb" ("Nicht stören") tagelang am Türknauf des Zimmers gehangen hat, betritt eine Bedienstete den Raum - und findet den 85-Jährigen tot in seinem Bett. Der herbeigerufene Arzt legt den Zeitpunkt des Ablebens auf den Abend davor fest, den 7. Januar 1943. "Er ist nicht unbedingt verarmt verstorben, aber einsam, alleine, verbittert, sehr verschroben", sagt Tesla-Biograf Michael Krause.

Ein halbes Jahrhundert zuvor ist Tesla ein charismatischer junger Mann mit gepflegtem Umgang. Er wird umjubelt, als er 1891 bei Vorführungen an der New Yorker Universität Lampen wie von Geisterhand zum Leuchten bringt: "Meine Damen und Herren! Hier habe ich eine einfache Glasröhre, aus der die Luft zum Teil herausgepumpt ist. Ich bringe meinen Körper in Kontakt mit einem Draht, der hochgespannten Wechselstrom führt - und die Röhre in meiner Hand ist hell erleuchtet." Tesla wird mit seiner Attraktion nach London und Paris eingeladen, ist befreundet mit Schriftsteller Mark Twain, Schauspielerin Sarah Bernhard und Bankier John Pierpont "J.P" Morgan.

Zerwürfnis mit Edison

Den entscheidenden Durchbruch schafft Tesla, der am 10. Juli 1856 im kroatischen Dorf Smiljan als Sohn serbischer Eltern geboren wird, als er 1884 an Bord eines Einwandererschiffs nach New York kommt. Der 28-Jährige möchte Thomas Alva Edison kennenlernen, der eine wichtige Figur des beginnenden elektrischen Zeitalters ist. Tesla hat bereits in Paris, Straßburg und Budapest für die "Edison Electric Company" gearbeitet. Nun beauftragt ihn Edison, den schlecht funktionierenden Gleichstrom-Generator der Firma zu verbessern - bei Erfolg verspricht er ihm 50.000 Dollar. Doch als es so weit ist, verweigert Edison Tesla das Geld mit der Begründung, es habe sich um amerikanischen Humor gehandelt.

Tesla kündigt die Stelle. Im sich anbahnenden sogenannten Stromkrieg sind die beiden ohnehin Gegner. Edison setzt auf Gleichstrom, weil er mit seinen darauf ausgerichteten Maschinen viel verdient. Tesla hingegen ist vom Wechselstrom überzeugt, denn mit Wechselstrom ist es - im Gegensatz zu Gleichstrom - möglich, elektrische Energie mit geringen Verlusten über große Strecken zu transportieren. Damals gibt es noch keine Standards für Stromstärke, Spannung oder Netze. Tesla arbeitet nun für Edisons Konkurrenten, George Westinghouse, und baut den ersten brauchbaren elektromagnetischen Motor, den er 1888 zusammen mit sechs anderen Erfindungen zum Patent anmeldet. Das Tesla-System, das heute den Kern des weltweiten Stromsystems bildet, hat seinen ersten großen Erfolg bei der Weltausstellung 1893 in Chicago: 90.000 Glühbirnen erleuchten nachts das Gelände.

Leere Ankündigungen

Während der Weltausstellung bringt Tesla wieder Glasröhren zum Leuchten und lässt 200.000-Volt-Blitze über seinen Körper fahren. "Nach solch einem verblüffenden Test ... sprühten aus Mr. Teslas Körper und Kleidung noch eine Weile feiner Glimmer oder Halos aus zersplittertem Licht", schreibt die "Chicago Tribune". Doch Tesla will mehr: ein globales Netz zur Energie- und Nachrichtenübertragung. An der amerikanischen Ostküste auf Long Island baut er einen riesigen Turm, den "Wardenclyffe Tower". Damit will er über die Ionosphäre elektrischen Strom versenden. Doch der Turm bleibt unvollendet, der aus physikalischen Gründen wohl ohnehin nicht funktioniert hätte. Trotzdem kündigt Tesla über Jahre immer neue Erfindungen an, die er nicht realisiert und so Geldgeber wie J.P. Morgan verprellt.

Tesla isoliert sich auch politisch: Im Ersten Weltkrieg arbeitet er für die Deutschen und sorgt dafür, dass die auf Long Island stehende Telefunken-Anlage kodierte Daten nach Deutschland senden kann. Dann stellt sich heraus, dass es sich um die Routen der alliierten Schiffskonvois handelt. Trotzdem versucht Tesla, neue Investoren anzulocken. Er fabuliert von Strahlenwaffen, Luxusautos mit Raumantrieb und sogenannter freier Energie, "die an jedem Ort im Universum zur Verfügung steht". Als Tesla stirbt, bleibt vom gefeierten Genie nur noch der Eindruck eines abgedrehten Fantasten übrig. Weil FBI-Direktor John Edgar Hoover nach Teslas Tod all seine Papiere beschlagnahmen lässt, vermuten Verschwörungstheoretiker bis heute, dass in den Archiven des Geheimdienstes - zum Schutz der Interessen der US-Energieindustrie - die geniale Lösung aller Energieprobleme schlummert. Tesla-Biograf Michael Krause winkt allerdings ab: "Das ist alles Quatsch, das gibt es nicht."

Stand: 07.01.2013

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