Der Eiffelturm funkelt und fast 60.000 Straßenlaternen erhellen heute die Pariser Nacht. Doch noch weit bis ins 17. Jahrhundert hinein bleiben die Pariser Straßen nach Einbruch der Dunkelheit völlig finster - und gefährlich. Paris ist damals die größte Stadt der Welt, eine halbe Million Menschen leben in den verwinkelten Gassen. Und besonders nachts gehört die Stadt dem lichtscheuen Gesindel, Ganoven, Dieben, Vagabunden. "Seit einigen Tagen erhalte ich Klagen von Bürgern, denen Gauner Hüte und Perücken gestohlen haben, des Öfteren gewaltsam. Mehrere haben sie mit einem Schwert am Kopf verletzt, darunter einen königlichen Anwalt namens Cerneau, der ihnen gestern Abend in die Hände fiel", erinnert sich ein Wachmann damals.
Und der Dichter Nicolas Boileau schreibt 1660: "Der verhängnisvollste und einsamste Wald ist ein sicherer Hafen im Vergleich zu Paris!" Die Stadthistorikerin Stéphanie Le Gallic von der Pariser Universität Sorbonne erklärt: "Die Menschen gingen bei Sonnenuntergang ins Bett und standen mit der Sonne auf. Nachts blieb man im Haus: Eine Polizei gab es quasi nicht, des Nachts wurden brutale Morde verübt", so Le Gallic.
Das nächtliche Kulturleben beginnt
Das ändert sich 1667. Der Sonnenkönig Ludwig XIV., seit 1661 an der Macht, verwandelt die stinkende und finstere Kloake von Paris nach und nach in eine moderne Weltstadt. "Sauberkeit, Helligkeit und Sicherheit" lautet das neue Motto. 1667 spenden die ersten Straßenlaternen Licht. Stéphanie Le Gallic erklärt: "Mit der Einführung der Straßenbeleuchtung entsteht ein nächtliches Kulturleben. Die Nacht gehört nun nicht mehr den Mördern und Dieben, sondern den Bürgern, die ins Theater, in die Oper gehen." Die Marquise de Sévigné, französische Literatin, schreibt am 4. Dezember 1673 in einem Brief an ihre Tochter Françoise: "Wir fanden es angenehm, Madame Scarron um Mitternacht bis ins Saint-Germain-Viertel zu bringen… . Wir kamen freudig zurück, im Schein der Laternen vor Dieben geschützt."
Die Bürger zünden die Kerzen selbst an
Die nächtliche Beleuchtung verdanken die Pariser Gabriel Nicolas de la Reynie, dem neu ernannten Pariser Polizeipräfekten. Ludwig XIV. hatte ihm den schwierigen Auftrag erteilt, in seiner Hauptstadt für Sicherheit zu sorgen. De la Reynie will jede noch so dunkle Straßenecke beleuchten und lässt 2.736 Kerzen in Glasgehäusen aufstellen. Nach und nach werden es immer mehr. "Die Präfektur bestimmt in den etwa 40 Vierteln der Stadt Bürger, die abends beim Klang einer Glocke hinausgehen und die Lichter anzünden", so Stéphanie Le Gallic. Auswärtige Besucher staunen über die erleuchtete Stadt. "Die Erfindung, Paris des Nachts mit unzähligen Lichtern zu erleuchten, verdient es, dass die entferntesten Völker die Stadt besuchen, um zu sehen, was weder Griechen noch Römer für die Polizei ihrer Republiken erdacht haben", berichtet ein Besucher aus Italien. Für Räuber und Banditen brechen mit der öffentlichen Straßenbeleuchtung dunklere Zeiten an.
Stand: 02.09.2012