Stichtag

7. Juli 1967 – "Time Magazine" berichtet über Hippie-Bewegung

Für Ronald Reagan ist die Sache klar. "Ein Hippie ist einer, der sich anzieht wie Tarzan, die Haare trägt wie Jane und riecht wie ihr Affe Cheetah", teilt der Gouverneur von Kalifornien seinen Mitbürgern mit. Vermutlich wird im Publikum gejohlt.

Mit seinem Urwaldvergleich versucht Reagan lächerlich zu machen, was das bürgerliche Amerika zutiefst befremdet und verstört: Immer mehr Jugendliche aus der Generation unter 25 Jahren verweigern sich dem "American Way of Live", lassen sich die Haare wachsen, propagieren freie Liebe, freie Musik und freie Drogen – und ziehen lieber nach San Francisco als in den Vietnamkrieg.

Garten Eden San Francisco

Statt der Nationalhymne singen die Hippies Songs von Gruppen wie "Jefferson Airplane" oder "Grateful Death". Nicht Uncle Sam, sondern Gestalten wie Buddha, Jesus, Gandhi oder Allen Ginsberg werden zu Idolen der Jugend. "Ich prophezeie Euch: Tausende von jungen Menschen werden diese amerikanische Gesellschaft mit ihrer Verlogenheit, ihrem billigen Schein und ihrer Fernsehkultur einfach nicht länger mit ansehen können", schreibt Ginsberg. "Sie werden eine jener Türen aufstoßen, die hinausführen in den Garten Eden, der unsere Erde ist." Für seine Vision prägt der Autor "Flower-Power" als Begriff.

Das Paradies wollen die Hippies vor allem in San Franciscos Stadtteil Haight-Ashbury errichten. Marihuana und LSD werden bewusstseinserweiternde Grundnahrungsmittel. Im Januar 1967 verteilen Aktivisten beim ersten "Human Be-In" im Golden Gate-Park Tausende LSD-Pillen. Die sogenannten Diggers, verehrt als "Heilige der Szene" wollen gar dem Geld und dem Kapitalismus selbst an den Kragen: Sie betreiben "Free Stores" und eine "Free Clinic" – und verteilen kostenlos von Supermärkten weggeworfenes Essen an die Blumenkinder.

Die Kraft der Bewegung bleibt letztendlich auch den Medien nicht verborgen. Am 7. Juli 1967 ist sie dem "Time Magazine" sogar eine Titelgeschichte wert. "In nur 18 Monaten haben die Hippies eine komplett neue Subkultur entwickelt", lautet das Resümee des Beitrags. "Ginge es nach den tief besorgen Eltern im ganzen Land, wären sie Kandidaten für eine ordentliche Tracht Prügel – wenn sie doch nur nach Hause kämen, um sie sich abzuholen."

Vergewaltigung statt freiem Sex

Als Medien wie das "Time Magazine" die Hippie-Bewegung für sich entdecken, läutet dies schon ihr Ende ein. Nicht zuletzt durch die Berichterstattung angelockt, pilgern im Juli 1967 100.000 erlebnishungrige Blumenkinder nach San Francisco, um beim "Summer of Love" dabei zu sein. In Haight-Ashbury platzen die Wohnungen aus allen Nähten, Müllberge stapeln sich in den Treppenhäusern, die sanitären Verhältnisse sind katastrophal. Im Golden Gate-Park handeln Dealer mit harten Drogen wie Speed, Kokain und Heroin. Am Endes des Liebessommers häufen sich Diebstähle, Überfälle, Vergewaltigungen - und Morde.

Anfang Oktober 1967 verbrennen die "Diggers" in einem riesigen Sarg selbstironisch Haschpfeifen, Drogen, Blumen – und eine "Hippie" genannte Puppe. Die Bewegung trägt sich selbst zu Grabe. Zu dieser Zeit nennen sich noch rund 500.000 Jugendliche "Hippies" – von Amsterdam bis Kathmandu, von Ibiza bis Moskau. Ein gutes Jahr später ist es dann endgültig vorbei.

Stand: 07.07.2012

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