Stichtag

13. Juni 1897 - Paavo Nurmi wird geboren

Er dominiert über ein Jahrzehnt die Langstrecken: Zwischen 1920 und 1928 gewinnt der finnische Läufer Paavo Nurmi bei drei Olympischen Spielen neun Gold- und zwei Silbermedaillen. "Er hatte eine unglaubliche Bandbreite von 1.500 bis 20.000 Meter", sagt der Journalist und Nurmi-Biograf Robert Hartmann. Bei der Olympiade 1924 in Paris habe Nurmi beide Rennen über 1.500 und 5.000 Meter innerhalb von 50 Minuten gewonnen. Der Ausnahme-Athlet wird "Magier der Aschenbahn" genannt.

Nichts deutet auf eine große Karriere hin, als Paavo Nurmi am 13. Juni 1897 in der Hafenstadt Turku geboren wird. Er ist das älteste von sechs Kindern. Der Vater stirbt, als Paavo 12 Jahre alt ist. Danach muss er mithelfen, die arme Familie durchzubringen. So verdient er das erste Geld mit seinem außergewöhnlichen Talent. "Er begann als Laufbursche einer Bäckerei", so Hartmann. Aus dem Talent wird Leidenschaft. Mit 23 Jahren hat er seinen ersten großen Erfolg: Er gewinnt 1920 bei den Olympischen Spielen von Antwerpen drei Goldmedaillen. Zum ersten Mal tritt damals Finnland unter eigener Flagge an, nachdem das Land nach der Revolution von 1917 von Russland unabhängig geworden ist. Nurmi wird mit seinen Siegen zum Idol der jungen Nation.

Elegant bis arrogant

Nurmi, der drei Mal pro Tag trainiert, gilt als Mitbegründer des Intervalltrainings, bei dem sich Belastungs- und Erholungsphasen abwechseln. Die Rennen geht er auf seine eigene Art und Weise an: Er läuft mit der Stoppuhr in der Hand und wirft sie erst 300 Meter vor dem Ziel weg, wenn der Endspurt beginnt. Dabei legt Nurmi auch großen Wert auf einen eleganten Laufstil. Schließlich verkörpert er eine Überlegenheit, die manchmal in Arroganz umschlägt. Für die erschöpften Konkurrenten, die beim olympischen Crosslauf in Paris 1924 die zwölf Kilometer bei Temperaturen um die 30 Grad nicht bewältigen konnten, hat Nurmi kein Bedauern. "Er hat gesagt, die haben alle nicht genug trainiert", sagt Biograf Hartmann.

Bekannt ist Nurmi auch für seine Geschäftstüchtigkeit - die ihm zum Verhängnis wird. 1925 bestreitet er in den USA 52 Rennen und kassiert Startgelder, die er trickreich als Spesen deklariert. Mit der Annahme der Prämien verstößt er gegen den Amateurstatus. Als eine deutsche Zeitung 1932 die Zahlungen veröffentlicht, reagiert das Internationale Olympische Komitee (IOC) mit einer Sperre auf Lebenszeit. Daraufhin zieht sich der öffentlichkeitsscheue Finne ins Privatleben zurück und wird ein erfolgreicher Geschäftsmann.

"Im Leben nichts geleistet"

Nur einmal kehrt Nurmi ins Rampenlicht zurück: 1952 entzündet er das olympische Feuer in der finnischen Hauptstadt Helsinki. Das IOC hatte vorher die Sperre aufgehoben, eine späte Genugtuung für den 54-Jährigen. Aber auch das versöhnt Nurmi nicht mit seinem Leben. Er bleibt ein einsamer Mensch. Seine Ehe, 1932 geschlossen, war schon nach drei Jahren gescheitert, um seinen Sohn kümmert er sich kaum und das Alter empfindet er als Heimsuchung. "Als er 75 Jahre war, hat er gesagt, ich fühle mich in mir völlig verfault", so Journalist Hartmann.

In den letzten drei Jahren ist Nurmi schwer krank. Er hat Rheuma, erleidet Schlaganfälle, ist halbseitig gelähmt und taub. Kurz vor seinem Tod am 2. Oktober 1973 in Helsinki zieht Nurmi eine bittere Bilanz: "Ich habe in meinem Leben nichts geleistet. Ich war ein idiotischer Nichtsmacher. Sinn hat nur, was Jahrhunderte hält, Sport hält nicht." In einem Nachruf schreibt der finnische Staatspräsident Urho Kekkonen über Nurmi: "Er war kein glücklicher Mensch."

Stand: 13.06.2012

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