Stichtag

10. April 1847 - Geburtstag von Joseph Pulitzer

Der Mann ist zu groß, zu dünn und sieht schlecht. Joseph Pulitzer, ungarischer Jude, geboren am 10. April 1847 in Makó, will Soldat werden und wird von einer Armee nach der anderen abgelehnt: vom österreichischen Militär, der französischen Fremdenlegion, der britischen Armee. Ein anderes Land, weiter weg, befindet sich jedoch im Krieg und braucht jeden Mann: In den Vereinigten Staaten kämpfen Südstaaten gegen Nordstaaten. In Hamburg verpflichtet sich Pulitzer für die U.S. Union Army, die Nordstaatentruppe; für Kriegsfreiwillige ist die Atlantiküberfahrt kostenlos.

Immer da, wo Skandale sind

Er landet 1864 in Boston und kämpft auf der Seite der Nordstaaten. Englisch kann er kaum, was nicht schlimm ist: Ganze Regimenter sind mit Deutschen besetzt. Und deutsch spricht der Ungar Pulitzer so gut, dass er nach dem Soldatenleben Journalist bei einer deutschsprachigen Zeitung in St. Louis wird, einem Zentrum deutscher Einwanderer. Wolfgang Hochbruck, Professor für Amerikanistik an der Uni Freiburg, erklärt: "Die Anekdote besagt, er habe in einer Bücherei in St. Louis zwei Schach spielende Männer beobachtet und einen Schachzug kommentiert." Die beiden Männer seien die Herausgeber der "Westliche Post" von St. Louis gewesen, wo Joseph Pulitzer als Reporter anfängt. Er folgt Gerüchten, deckt Missstände auf. Er weiß: "Wir brauchen in der Zeitung jeden Tag mindestens eine außergewöhnliche, eine gut recherchierte Geschichte." Der Amerikanist Wolfgang Hockbruck: "Er ist eigentlich der Erfinder einer unabhängigen Presse in den Vereinigten Staaten gewesen. Regierungskritisch. Immer da, wenn eine Regierung oder Regierungsämter - was in Washington damals schon ziemlich häufig vorkam - in Korruptionsskandale verwickelt waren." Gleichzeitig arbeitete er stark sensationalistisch, so Hochbruck.

Pulitzer schickt Newsboys auf die Straßen

Joseph Pulitzer lässt seinen Vornamen nun Englisch aussprechen, verlegt einige Jahre den "St. Louis Post-Dispatch" und zieht bald weiter. In New York übernimmt er 1883 die "New York World" und revolutioniert den Journalismus. "Die Newsboys, die dann die Straßen entlang laufen und ihre Schlagzeilen herausrufen, nehmen da ihren Anfang und auch die Schlagzeilen als Aufmacher", sagt Wolfgang Hochbruck. Manche sagen, die Schlagzeilen seien nur so groß, damit der fast blinde Pulitzer sie selbst lesen kann. Der Comic mit dem Yellow Kid, einem grinsenden Kind mit gelbem Kittel, wird das Markenzeichen der "New York World" und gibt der Yellow Press, der Sensationspresse, ihren Namen. "Genauigkeit! Klarheit! Konzentration auf das Wesentliche!" - das sind Pulitzers Prinzipien für guten Journalismus. Um ihn zu fördern, stiftet er Geld für die erste Journalistenschule der USA, eingerichtet ein Jahr nach seinem Tod an der Columbia Universität, und Preise für Reportage, Recherche, Foto und Literatur. Er stirbt 1911 mit 64 Jahren. Der Pulitzerpreis, verliehen seit 1917, gilt bis heute als einer der wichtigsten Auszeichnungen für Journalisten. Am 16.04.2012 werden sie in New York vergeben.

Stand: 10.04.2012

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