Stichtag

2. Februar 2007 - Weltklimabericht warnt vor Katastrophe

Wenn wir heute ein Drei-Liter-Auto lenken oder ein Passivhaus errichten, liegt das vielleicht am Weltklimabericht. Dessen dreizehnseitige Kurzfassung wird am 2. Februar 2007 in Paris vor Politikern vorgestellt; es ist bereits der vierte Bericht des zwischenstaatlichen Weltklimabeirats IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change). Der Inder Rajendra Pachauri, Leiter der Forschergruppe, sagt: "Ich hoffe, dieser Report schockiert die Menschen und Regierungen so sehr, dass sie ernsthafter nach Lösungen suchen." Es gebe viele Belege dafür, dass der Klimawandel stattfindet und "dass es wirklich der Mensch ist, der ihn beeinflusst". Es sei "sehr wahrscheinlich, dass der größte Anteil der beobachteten Erwärmung seit Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts von der vom Menschen verursachten verstärkten Freisetzung von Treibhausgasen verursacht worden ist", heißt es im Bericht.

"Wir stehen an der historischen Schwelle zum Unumkehrbaren"

Mitverfasser Peter Lemke schreibt in einem Gastbeitrag in einer deutschen Tageszeitung: "Die globale Temperatur an der Erdoberfläche ist bereits um 0,74 Grad Celsius gestiegen. Die schneebedeckte Fläche auf den Kontinenten hat sich stark verringert. Gletscher und Eisschilde sind geschrumpft und tragen derzeit etwa 1,2 Millimeter pro Jahr zum Meeresspiegelanstieg bei. Insgesamt steigt der Meeresspiegel zurzeit mit 3,1 Millimeter jährlich an, wobei der größte Anteil, etwa 1,6 Millimeter, von der Erwärmung des Ozeans herrührt." Weiteres Indiz, so Lemke sei der Gehalt an Kohlendioxid in der Atmosphäre, der im Laufe der Eiszeiten und Warmzeiten seit 650.000 Jahren stets zwischen 180 und 280 ppm (Teilchen pro eine Million Teilchen) lag und nun 380 ppm erreicht. Frankreichs damaliger Staatspräsident Jacques Chirac fasst zusammen: "Wir haben den Beweis. Die Aktivitäten des Menschen verursachen diese Verschlechterungen. Der Tag rückt näher, an dem die Aufheizung des Klimas außer Kontrolle gerät. Um es ehrlich zu sagen: Wir stehen an der historischen Schwelle zum Unumkehrbaren."

Alpen ohne Schnee, Hitzewellen am Mittelmeer

Der Bericht stellt erschreckende Prognosen auf: Ohne Klimaschutz könnten die Temperaturen bis zum Jahr 2100 um 2,5 bis vier Grad Celsius ansteigen. Der Meeresspiegel wird dann 30 Zentimeter höher liegen. Einige Ozeanforscher, die sich beim Verfassen des Berichts allerdings nicht durchsetzen konnten, sprechen gar von einem Meter. Gefährdet sind die Permafrostböden und die Arktis; sie könnte in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts in den Sommermonaten eisfrei sein. Weitere Folgen des Temperaturanstiegs: Die Küsten des Mittelmeers wären im Sommer wegen Hitzewellen kaum bewohnbar; die Alpen gletscher- und schneefrei. Trockene Landstriche in Afrika und Südasien würden wieder und wieder von verheerenden Dürreperioden heimgesucht. Der Weltklimarat IPCC fordert, dass die Erdtemperatur maximal um zwei Grad Celsius steigen dürfe. Klimaforscher Peter Lemke warnt: "Die Kohlendioxidemissionen müssen viel stärker reduziert und Vorbereitungen für den Klimawandel getroffen werden, denn der kommt bestimmt."

2012: Meeresspiegel steigt schneller als Bericht voraussah

Kritiker deckten im Nachhinein einige gravierende Schwächen des Berichts auf. Beispielsweise behaupteten die Autoren, die Gletscher des Himalaya würden bis 2035 schmelzen. Diese Jahreszahl wurde falsch aus einer älteren Studie übernommen, die vom Jahr 2350 sprach. Die niederländische Umweltbehörde bestätigt jedoch, dass die Schlussfolgerungen insgesamt korrekt seien. Einer der IPCC-Leitautoren, Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, sagt heute, der Weltklimabericht sei sogar zu optimistisch formuliert. "Der Meeresspiegel steigt in den Messdaten etwa 50 Prozent rascher an als es in den Modellszenarien der Fall gewesen ist. Auch der Schwund des arktischen Meereises geht wesentlich rascher von statten als in allen Modellsimulationen."

Stand: 02.02.2012

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