Unter den Herrschern und Päpsten seiner Zeit hat Erasmus von Rotterdam viele Freunde. Geschickt widmet der entschiedene Gegner von Krieg und Fanatismus ihnen seine Bücher - so stehen sie ihm bei, wenn Kritiker seine Meinungsfreiheit beschneiden wollen.
Dank der Widmungen kann Erasmus sogar christliche Fürsten verspotten. Und als konservative Theologen der Universitäten zu Köln, Paris und Leuven von ihm klare Worte gegen Martin Luther verlangen, beschwert er sich bei Kaiser Karl V. Danach ist Ruhe.
Spott für Fürsten
Erasmus wird 1465 oder 1469 als unehelicher Sohn eines Priesters in Rotterdam geboren. Seine Eltern sterben an der Pest. Danach wird der 16-Jährige unter die Vormundschaft gebildeter Geistlicher gestellt. 1492 wird er Priester und geht später ins Kloster, wo er die lateinischen Klassiker liest. 1517 verlässt er das Kloster und studiert Theologie. So wächst er zum aufgeklärten Humanisten heran - einem Humanisten, der unter ständiger Angst vor Infektionen leidet und auf seinen vielen Reisen auf Hygiene und gute Manieren achtet.
In seinen Schriften gibt Erasmus von Rotterdam seinen Zeitgenossen Ratschläge für richtiges Benehmen. Dass er seine Korrespondenz zu Lebzeiten veröffentlicht und für seine Bücher wirbt, weist ihn als klugen Strategen auf dem Buchmarkt aus.
Macht Dummheit glücklich?
1509 schreibt Erasmus während eines Besuchs bei seinem Freund Thomas Morus seine Satire "Lob der Torheit", angeblich in nur einer Woche. Hierin stellt er die ironische These auf, dass nur die Dummheit die Menschen glücklich machen kann - um dabei die Vernunft zu preisen. 1516 veröffentlicht er das Neue Testament in zwei Sprachen, wobei er dem vermeintlichen griechischen Urtext eine neue lateinische Übersetzung zur Seite stellt. Erstmals liegt so das Neue Testament gedruckt in griechischer Sprache vor; und erstmals wird die lateinische Übersetzung des Hieronymus, die bisher als unantastbar galt, kritisch hinterfragt.
Später dient die "Erasmus-Bibel" Martin Luther als Grundlage für seine deutsche Bibel-Übersetzung. Trotzdem bleibt Erasmus gegenüber Luther, mit dem er eine Korrespondenz unterhält - und der ihn als glitschigen Aal, stinkende Wanze und Hornisse beschimpft -, auf Distanz: Dessen aggressives Vorgehen in Fragen der Religion ist ihm zuwider. Erasmus von Rotterdam stirbt am 12. Juli 1536 in Basel. Er hinterlässt rund 150 Bücher.
Stand: 12.07.2011
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