Halb New York steht jubelnd Spalier, als sich die "Europa" am 25. März 1930 majestätisch vor der Skyline von Manhattan den Hudson hinaufschiebt. In vier Tagen, 17 Stunden und sechs Minuten hat sie den Atlantik überquert - schneller als jeder Ozeanriese zuvor. Dabei hatten Frühjahrsstürme der Besatzung und vor allem den Passagieren des 50.000-Tonnen-Dampfers schwer zugesetzt. Doch Kapitän Nicolaus Johnson jagte die "Europa" mit der Rekordgeschwindigkeit von 29 Knoten durch den Nordatlantik. Es ging um das Blaue Band, den Preis für die schnellste Atlantik-Überquerung. Für die Reeder des Norddeutschen Lloyd (NDL) war es eine Prestige-Frage, dass ihr neues Flaggschiff die werbeträchtige Auszeichnung gleich auf der Jungfernfahrt erringt. Im Jahr zuvor war ihnen das bereits mit der "Bremen", dem Schwesterschiff der "Europa" gelungen.
Ursprünglich wollte man die Konkurrenz auf der umkämpften Amerika-Linie mit einer gemeinsamen Jungfernfahrt der beiden Schnelldampfer beeindrucken. Im Paarlauf sollten sie der bis dahin schnellsten "Mauretania" das Blaue Band abjagen. Planmäßig waren "Europa" und "Bremen" im August 1928 vom Stapel gelaufen, die Rekordfahrt sollte im April 1929 starten. Einen Monat vorher bricht auf der fast völlig fertigen "Europa" ein Feuer aus. Innerhalb weniger Minuten steht das ganze Schiff in Brand. 400 Feuerwehrleute können nicht verhindern, dass der Luxusliner fast vollständig zerstört wird und sinkt - Stahl und Dampfturbinen sind bei 700 Grad Hitze geschmolzen. In der Rekordzeit von elf Monaten schafft es die Werft Blohm & Voss, das 285 Meter lange Flaggschiff des Norddeutschen Lloyd wieder auferstehen zu lassen. Am 21. März 1930, acht Monate nach der Schwester "Bremen", kann die "Europa" von Cherbourg aus das Rennen um das Goldene Band aufnehmen.
Stand: 25.03.05