Stichpunkt

28. Mai 1961- Amnesty International wird gegründet

"Schlagen Sie Ihre Zeitung an irgendeinem beliebigen Tag auf, und Sie werden eine Meldung aus irgendeinem Teil der Welt lesen: Ein Mensch ist eingekerkert, gefoltert, hingerichtet worden, weil seine Ansichten oder religiösen Überzeugungen nicht mit denen der Regierung übereinstimmen." So beginnt der Artikel "Die vergessenen Gefangenen", der am 28. Mai 1961 in der britischen Zeitung "The Observer" erscheint. Autor ist der Londoner Rechtsanwalt Peter Benenson.

Der 39-Jährige fordert die Leser auf, mit Briefen öffentlichen Druck auf die Verantwortlichen zu machen und von ihnen die Freilassung politischer Gefangener zu verlangen. Benensons "Appell für Amnestie" führt zur Gründung der weltweit aktiven Menschenrechtsorganisation Amnesty International. Noch im ersten Jahr des Bestehens der Organisation entstehen in sieben Ländern nationale Sektionen. Die deutsche Sektion wird in Köln gegründet - unter anderem von der Autorin Carola Stern und dem Journalisten Gerd Ruge.

Politisch und finanziell unabhängig

Von Anfang an wird die Organisation von den Regierenden weltweit argwöhnisch beobachtet. "Es bestand die Gefahr, dass auch Amnesty Opfer des Kalten Krieges werden könnte", sagt Monika Lüke, Generalsekretärin der deutschen Sektion von Amnesty International. "Von der sozialistischen Seite warf man uns vor, Handlanger des Westens zu sein. Die westlichen Staaten sagten, wir seien Vorreiter des Kommunismus." Aus diesem Grund seien immer gleich drei Fälle aufgegriffen worden: jeweils einer aus der westlichen und der östlichen Hemisphäre sowie einer aus der sogenannten Dritten Welt.

Amnesty International agiert nach eigenen Angaben politisch und finanziell unabhängig. Nur die Charta der Menschenrechte soll Handlungsmaßstab sein. 1977 wird diese Arbeit mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Ein Preis, der der Organisation Respekt verschafft. "In mehr als jedem vierten Fall, für den wir uns einsetzen, erreichen wird etwas", sagt Lüke. "Sei es eine Hafterleichterung - beispielsweise, dass ein Gefangener einen Anwalt sehen darf - oder aber die Familie weiß, wo die Gefangene ist; häufig aber auch die Freilassung." Diktatoren scherten sich zwar nicht um Menschenrechte, ihnen liege aber viel an ihrem Ruf.

Faire Verfahren für alle

Im Lauf der Jahrzehnte wandelt sich Amnesty von einer Hilfsorganisation für gewaltlose politische Häftlinge in eine allgemeine Menschenrechtsorganisation, die sich für alle Menschenrechte einsetzt. Dazu gehören nicht nur politische, sondern auch soziale und wirtschaftliche Rechte. "Auch für sogenannte Terroristen fordern wir ganz klar faire Gerichtsverfahren", sagt Lüke. "Selbst wenn der Verdacht besteht, dass sie in Terrorakte verwickelt sind." Jeder habe Menschenrechte und damit Anspruch auf deren Gewährung. "Für Amnesty International sind die Menschenrechte unteilbar", so Lüke.

Stand: 28.05.2011

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