Mit Blick aufs Fernsehen sind Helmut Kohl und François Mitterand Visionäre. In den 1980er Jahren träumen der deutsche Bundeskanzler und der französische Staatspräsident davon, ihre Landsleute über einen gemeinsamen Kultursender einander näher zu bringen. So jedenfalls will es der Gründungsmythos von "Arte". Die Wirklichkeit allerdings ist weitaus prosaischer.
Tatsächlich entsteht Mitte der 80er Jahre in Europa ein gemeinsames Satellitenprogramm: Die Technik ist da, aber sie braucht dringend Sender. Die Idee eines deutsch-französischen Kulturkanals entsteht danach. Und es sind keineswegs Kohl und Mitterand, die sie ersinnen.
Gut Freund mit Frankreich
Letztlich treibt der damalige Ministerpräsident von Baden-Württemberg und Koordinator der deutsch-französischen Beziehungen Lothar Späth (CDU) den deutsch-französischen Kulturkanal voran. Gemeinsam mit dem französischen Kulturminister Jack Lang beruft er eine entsprechende Expertenkommission, die jahrelang erfolglos streitet. Das größte Problem dabei sind die innerdeutschen Landesgrenzen: Die Bundesländer wollen sich von dem Projekt nicht ihre Medienhoheit in der Kulturpolitik streitig machen lassen.
Womöglich ist es der Mauerfall, der das Projekt letztendlich rettet: Noch vor der Wiedervereinigung wollen die Ministerpräsidenten zeigen, dass auch das neue, größere Deutschland ein Freund der Franzosen bleiben will. Im Oktober 1990 unterschreiben Deutschland und Frankreich den zwischenstaatlichen Vertrag zu einem "Europäischen Kulturkanal".
Am 30. April 1991 wird in Straßburg die "Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung" gegründet, die das rechtliche Fundament des neuen Kultursenders bildet. Inzwischen hat man sich auch auf den Namen "Arte" einigen können. Sitz des neuen Kulturkanals, der auf deutscher Seite zu gleichen Teilen die ARD und das ZDF als Gesellschafter hat, ist das elsässische Städtchen Straßburg. Eine Dependance entsteht in Baden-Baden.
Kulturkanal für die Elite?
Ende Mai 1992 geht "Arte" via Satellit und Kabel auf Sendung. Anders als in Frankreich, wo der Kulturkanal schon bald über Hausantenne zu empfangen ist, blicken deutsche Zuschauer lange Zeit in die Röhre.
Inzwischen ist "Arte" über Kabel, Satellit oder Digitalantenne zu empfangen. Jeweils 40 Prozent des Programms werden von "Arte Frankreich" und "Arte Deutschland" geliefert, den Rest steuert die Zentrale in Straßburg bei. Rund 400 Millionen Euro aus Rundfunkgebühren stehen hierzu zur Verfügung. Wichtige Kinofilme wie "Good Bye Lenin" oder "Das Leben der Anderen" hat der Kulturkanal ko-produziert.
Solche Erfolge können kaum darüber hinwegtäuschen, dass "Arte" unter den Fernsehzuschauern bis heute eine Art Geheimtipp geblieben ist.
Stand: 30.04.2011
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