Im September des Jahres 1900 lassen die Passagiere der "Deutschland" auf dem Nordatlantik ihr Frühstück stehen und eilen fasziniert an Deck. Die ganze Nacht ist der Schnelldampfer der Hamburger Reederei Hapag mit 23 Knoten von New York aus Volldampf gefahren, jetzt hat er die "Kaiser Wilhelm", die einige Stunden früher losgefahren ist, auf hoher See fast eingeholt. Gegen Mittag zieht die "Deutschland" gleich und überholt das einstige Flaggschiff der deutschen Seefahrt sogar. Der Doppelschrauben-Dampfer "Kaiser Wilhelm" hat als schnellstes Schiff der Welt endgültig ausgedient.
Ein neuer Weltrekord
Das spontane Wettrennen der Ozeanriesen zementiert allerdings nur, was die "Deutschland" bereits mit ihrer Jungfernfahrt zwei Monate zuvor deutlich gemacht hat. Am 4. Juli 1900 geht sie erstmals von Hamburg aus nach New York auf die Reise. Wie geplant erreicht sie dabei eine neue Rekord-Durchschnittsgeschwindigkeit: 0,13 Knoten schneller ist sie als die "Kaiser Wilhelm" und gewinnt damit das "Blaue Band" für die schnellste Nordatlantik-Überquerung.Die Auszeichnung ist begehrt: Immerhin wollen die Passagiere die mitunter äußerst beschwerliche Reise möglichst schnell hinter sich bringen. Und da sind ein paar Stunden Zeitersparnis auch für die in der dritten Klasse mitreisenden Auswanderer ein werbewirksames Argument.
Umbau zur "Victoria Luise"
Aber die Jahrhundertwende ist nicht nur die Zeit des schnellen Schiffsverkehrs: Immer mehr wünschen sich die reichen Passagiere auch Luxus bei der Überfahrt. Die "Deutschland" aber ist ein so genannter Cocktail Shaker: Durch die hohe Drehgeschwindigkeit haben die Gäste neben einer permanenten Lärmbelästigung auch mit extremen Vibrationen zu kämpfen. Auch fehlt es gegenüber der "Kaiser Wilhelm" nach Meinung vieler Reisende an Schreibtischen. Zudem erobert sich bereits 1907 die "Lusitania" das Blaue Band.Um den neuen Ansprüchen zu genügen, wird die "Deutschland" zur "Victoria Luise" ausgebaut, dem damals größten Kreuzfahrtschiff der Welt: Die dritte Klasse muss weichen, der Platz für die Maschinenanlage wird halbiert, um unter anderem ein Schwimmbad einzubauen: Im Vergleich zu den gigantischen Wellnessbereichen von heutigen Luxuslinern wie "Queen Mary 2" oder "Oasis oft the Sea" ein eher bescheidenes Angebot.
Stand: 04.07.10