Stichtag

04. Januar 2000 - Tod des Schauspielers Diether Krebs

Wen er sich denn mal als Grabredner wünsche, soll Diether Krebs 1996 im Fragebogen der Zeitung "Die Woche" offenbaren. "Wer gerade Zeit und Lust hat", lautet, typisch Krebs, die lapidare Auskunft. Als der populäre Komiker und Fiesling-Darsteller am 13. Januar 2000 in Anwesenheit mehrerer Hundert Trauergäste auf dem Essener Ostfriedhof beerdigt wird, singen seine engsten Mitarbeiter am liliengeschmückten Sarg Christian Morgensterns "Der Mond ist aufgegangen". Fast eine Stunde lang nimmt die Witwe Bettina Freifrau von Leoprechting-Krebs mit den Söhnen Moritz und Till die Beileidsbekundungen von Freunden und Verehrern entgegen, darunter auch ein sichtlich bewegter Dieter Pfaff ("Kommissar Sperling"). Nur Krebs’ langjährige Sketchpartnerinnen Hildegard Krekel, Beatrice Richter und Iris Berben "glänzen durch Abwesenheit", wie eine enttäuschte Rentnerin bitter bemerkt.

Ganz in der Nähe seiner letzten Ruhestätte im Essener Südosten wird Diether Krebs am 11. August 1947 geboren. Schon als Gymnasiast steht er als Laienschauspieler auf der Bühne. Nach dem Abitur absolviert Krebs erfolgreich die renommierte Folkwangschule, feiert sein Debüt am Oberhausener Stadttheater und wird 1971 von Peter Zadek in Bochum engagiert. Einer jungen Kollegin fällt nicht nur der Charme des damals noch gertenschlanken Diether auf, sondern auch sein komisches Naturtalent. Hildegard Krekel verliebt sich in den Frauenschwarm und verhilft ihm zum Karrieresprung ins Fernsehen. Neben seiner Freundin erhält Diether Krebs im WDR-Serien-Hit "Ein Herz und eine Seele" die Rolle des schnodderigen Schwiegersohns von TV-Ekel Alfred Tetzlaff. Weil die SPD zunehmend Einfluss auf die Drehbuch-Autoren der äußerst erfolgreichen Serie ausübt, steigt Krebs nach zwei Jahren wieder aus. Er gründet ein eigenes Theater, ist in Bühnen- und Fernsehproduktionen als junger Wilder gefragt und jagt in über 100 Folgen der ZDF-Serie "Soko 5113" als Kommissar Herle Verbrecher.

In Rudi Carrells "Tagesshow" und "Sketchup" darf Diether Krebs wieder auf Teufel komm raus blödeln. Als "Parodist potthässlicher Spießer" (Der Spiegel) bringt er in den unmöglichsten Verkleidungen ganz Deutschland zum Lachen. Von Kollegen anerkannt, von seinen Fans geliebt -  ein Quotengarant ist Krebs in seinen letzten Lebensjahren aber kaum noch. Diverse Fernsehprojekte floppen, der Komiker verfällt der Nikotin- und Alkoholsucht. Nach "Sketchup" und einigen eher mittelmäßigen Produktionen gelingt Diether Krebs wieder ein großer Hit – nicht als Schauspieler, sondern als Sänger. Mit "Ich bin der Martin" stürmt er 1991 als gehemmter Öko-Spießer im Rentierpulli die Charts. In der Kult-Kinokomödie "Bang Boom Bang" beweist Krebs 1999 noch einmal seine einzigartige Wandlungsfähigkeit. Mit massigem Körper, raspelkurzen Haaren und Zigarette im Mundwinkel verkörpert er lebensecht einen hinterhältigen Speditionskaufmann aus dem Ruhrgebiet. Dass er da schon unheilbar an Lungenkrebs erkrankt ist, verbirgt er vor der Öffentlichkeit - bis zuletzt. Am 4. Januar 2000 stirbt Diether Krebs zu Hause in Hamburg im Kreis seiner Familie.

Stand: 05.01.10