Im Jahr 2006 nimmt das Lexikon der bedrohten Wörter den "Bandsalat" in seinen Bestand auf. Zur Erinnerung: Bandsalat gab es früher immer dann, wenn sich das Magnetband in Tonbändern oder Kassetten in der Mechanik der Rekorder verhedderte. Was heute also immer weniger Menschen kennen, hat selbst eine lange Vorgeschichte: 1877 erfindet Thomas Alva Edison den Phonographen und hört als erster Mensch eine Aufnahme seiner eigenen Stimme: "Hello". Später gibt es Grammophone und Schellack-Platten, und ab Anfang des 20. Jahrhunderts basteln Erfinder an verschiedenen Orten der Welt an Geräten, die Schallwellen nicht mechanisch in einen Tonträger einschreiben, sondern sie elektromagnetisch auf einem Trägermedium speichern.
Feuer auf der Funkausstellung
In Deutschland gelingt der AEG in den 1930er Jahren der Durchbruch: Als Speichermaterial verwenden die Ingenieure Papierbänder, die mit Eisenpulver beschichtet sind. Und Eduard Schüller entwickelt den Tonkopf im Ringformat: Damit kann das Magnet-Tonband höhere Frequenzen aufzeichnen, also länger laufen als Stahlbänder oder magnetisierte Stacheldrähte. Die Ingenieure sprechen Sätze wie: "Sechs Hexen essen 40 Pfirsiche" aufs Band, um zu hören, ob das Gerät wirklich gut aufzeichnet.Nach einigen störanfälligen Prototypen, bei denen die Papierbänder rissen oder das Eisenpulver in die Augen des Benutzers staubte, will die AEG zur Berliner Funkausstellung im August 1935 das Tonbandgerät K1 vorstellen. Die Bänder bestehen mittlerweile nicht mehr aus Papier, sondern aus dem stabileren Kunststoff Acetyl-Zellulose. Doch am Vorabend der Eröffnung brennt die Halle lichterloh, ein Feuer zerstört alle Modelle. Die Ausstellung wird um acht Tage verlängert, und die Ingenieure bauen schnell zwei neue Geräte zusammen: Am 16. August 1935 wird schließlich das Tonbandgerät K1 erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Die K1 ist ein Koffermagnetophon - verteilt auf drei Koffer - und wiegt 50 Kilogramm. Das Gerät verfügt über drei Motoren: Einen Antriebsmotor für die Wiedergabe und je einen für die beiden Spulen, die das Band vor- und zurücklaufen lassen. Das Publikum ist hingerissen, viele Besucher nehmen ihre Stimme auf, spulen das Band zurück und hören sich selbst. Die Aufnahme hat allerdings lediglich die Qualität einer mittelmäßigen Schallplatte.
Tonbandgeräte fürs Wohnzimmer
Dennoch verwenden Rundfunkanstalten und Militär die Magnet-Tonbänder umgehend, denn sie erlauben vieles, was mit Schallplatten unmöglich ist: aufnehmen, schneiden, senden, löschen, neu aufnehmen. Die erste Konzertaufnahme auf Magnetband findet am 19. November 1936 bei BASF in Ludwigshafen statt: Sir Thomas Beecham dirigiert die Londoner Philharmoniker zu Mozarts Symphonie Nr. 39. Einen weiteren Entwicklungssprung macht die Technik mit dem Hochfrequenz-Aufnahmeverfahren: Wird dem Tonkopf eine Hochfrequenz zugeführt, sinken die Störgeräusche erheblich, die Wiedergabe des Tonbands ist von der Originalquelle kaum noch zu unterscheiden. 1952 bringt Max Grundig das erste Tonbandgerät für den Heimbedarf auf den Markt. 1.000 Mark kostet der Grundig "Reporter 300". Doch ein Jahrzehnt später neigt sich die Ära des Tonbandgeräts bereits dem Ende. 1963 kommt ein Abspielgerät für Kompaktkassetten von Philips auf den Markt. In den 1980er Jahren verdrängen die Kassetten die Tonbänder, später die CDs die Kassetten - und damit auch langsam aber sicher den Bandsalat aus unserem Wortschatz.
Stand: 16.08.10