Stichtag

15. März 2009 - Vor 60 Jahren: Düsseldorfer Ständehaus wird Landtagssitz

"Der ganze Raum ist mit grauem Stoff ausgeschlagen, nur unterbrochen von heller Holztäfelung, die sich in Säulenform an den Längs- und Seitenwänden emporzieht." So beschreibt die "Westfalenpost" im März 1949 den Plenarsaal, der im ehemaligen Ständehaus in Düsseldorf für den nordrhein-westfälischen Landtag eingerichtet wird.

"Der ganze Raum wirkt einfach, aber sehr gediegen." Einziges Schmuckstück des Saales, so die Zeitung, ist ein großer Gobelin, auf dem die Landesfarben eingestickt sind. Das Parlament des 1946 neu gegründeten Landes Nordrhein-Westfalen tagt bisher in Provisorien. Nach dem Zweiten Weltkrieg hat das zerbombte Düsseldorf kein intaktes Parlamentgebäude zu bieten. Ein Mal debattieren die 176 Männer und 24 Frauen im brandgeschädigten Opernhaus, dann wechseln sie in den Theatersaal der Henkel-Werke, dem einzigen unbeschädigten Saal in der Landeshauptstadt.

Der Saal in den Waschmittel-Werken wird aber nicht nur von den Delegierten genutzt. Er dient auch den stationierten britischen Truppen als Kinosaal. "Wenn wir bis Donnerstag da getagt hatten, dann musste alles, was Beine hatte, den Saal ausräumen", erinnert sich Gerhard Eyckers, der damals als Dolmetscher bei der Landtagsverwaltung arbeitet. "Weil am Freitagmorgen [...] die englischen Soldaten ihr Kino sehen wollten. Da gab es kein Pardon!" Deshalb sehen sich die Politiker nach einem eigenen Domizil um. Das Ständehaus scheint angemessen: Es wurde Ende des 19. Jahrhunderts von Architekt Julius Carl Raschdorff im Neo-Renaissance-Stil erbaut und diente den preußischen Provinzialständen im Rheinland als Parlamentssitz. Im Zweiten Weltkrieg wird der Bau weitgehend zerstört und ab 1948 wieder hergerichtet.

Am 15. März 1949 zieht der erste gewählte Landtag Nordrhein-Westfalens im Ständehaus ein. "Ich bin überzeugt, dass die hohen Mitglieder dieses Hauses", sagt Landtagspräsident Josef Gockeln bei der Eröffnung, "sich in Zukunft in unserem Hause wohler fühlen, als es in der Vergangenheit der Fall sein konnte." Als Präsident des Parlamentarischen Rates überbringt Konrad Adenauer (CDU) die Glückwünsche der Bonner Versammlung, die gerade das Grundgesetz ausarbeitet.

General William Alexander Bishop, britischer Militärgouverneur von Nordrhein-Westfalen, weist anerkennend auf die Fortschritte hin, die das Land seit der Einberufung des ersten ernannten Landtags im Oktober 1946 gemacht habe. Die Feierstunde im Plenarsaal endet mit dem "Vorspiel" der "Meistersinger" von Richard Wagner. 39 Jahre lang bleibt das Ständehaus Parlamentssitz. 1988 beziehen die Abgeordneten im Düsseldorfer Hafen einen neu errichteten Komplex am Rheinufer. Das Ständehaus beherbergt seit 2002 mit "K21" einen Teil der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen.

Stand: 15.03.09